"Lamm retten"

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mit
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"Lamm retten"

Beitrag von mit »

Hallo,

am Freitag war ein recht guter (imho) Kurs für Geburtshilfe etc. im Klinikum Gießen. Ich wollte nun meine Stallapotheke aufhübschen mit Dingen, an die ich mich noch nicht so recht rangetraut habe. Eine Empfehlung war die Injektion von 20ml 5% Glucose beim schwachen Lamm in den Bauchraum (vor der Bereitstellung von Wärme). Hier habe ich noch ein wenig im Forum rumgesucht und finde sehr abweichende Werte - von 5%-40%, von 1ml bis 10ml. Sind das unterschiedliche Indikationen, unterschiedliche Erfahrungen, unterschiedliche Rassen...? Was geht schief bei zuviel / zuwenig? (Mann/Frau beachte das Fragezeichen).
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Henry
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Re: "Lamm retten"

Beitrag von Henry »

Der zu beachtende Punkt ist, daß Glucose nur als 5% im Körper verarbeitet und transportiert werden kann. Höhere Konzentrationen ziehen also Flüssigkeit erst einmal aus dem Gewebe an ehe sie abtransportiert und verstoffwechselt werden können. Werden also doppelte Konzentrationen gegeben, muß das Wasser zur Verdünnung auf 5% im Körper vorhanden sein. Andererseits muß das mit der Glucose gegebene Wasser auch wieder raus aus dem Körper. Das ist nur manchmal gut, weil auch Spurenelemente elektrolytisch mit ausgeschwemmt werden.

Hie kommt nun die intraperitoneale Injektion ins Spiel. Die Lage der Glucoselösung im Bauchraum sorgt für eine Verzögerung der Verdünnung und der Aufnahme. Der Bereich um die Därme nimmt dabei große Energiemengen auf. Auch höhere Glucosekonzentrationen beeinflussen den Flüssigkeithaushalt nur wenig.

Die Menge sollte sich auf die Glucosekonzentration beziehen. Also 1xG20 = 2xG10 = 4xG5.

Eine versehentliche Injektion in den Darm führt zum zügigen Kotabsatz ähnlich einer Darmspülung. Schade nur um die Glucose. Eine Resoption erfolgt aber auch aus dem Darm weshalb man sogar einen Glucoseeinlauf als wirksam einstufen kann.

Eine versehentliche Injektion in ein Blutgefäß kann fatale Folgen haben. Wie immer, wenn Nicht-Blut dort hinein kommt und Blut verdrängt. Nichts tun aus Angst ist aber gefährlicher.

Die Temperatur der Injektion sollte sehr genau bzw. nur ganz knapp über der Kerntemperatur des Lammes liegen. Keinesfalls soll mit 38° warmer Glucose ein Aufwärmen eines 32° kalten Lammes versucht werden. Das geht sofort in Schock.

Werden nur kleine Menge injiziert - 10ml - ist das nicht so kritisch. Ich gebe aber deutlich mehr. 10ml/kgKG etwa. Platz dafür ist genug. Milchmagen und Darm sind ja beim kalten Lamm in aller Regel leer.
Henry
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Re: "Lamm retten"

Beitrag von mit »

Wie immer - vielen Dank für die ausführliche, verständliche u. plausible Unterstützung.

Hast du das studiert? Ich spiele mit dem Gedanken, mich auf meine alten Tage zumindest als Gasthörer einzuschreiben...
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Henry
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Re: "Lamm retten"

Beitrag von Henry »

Es gibt leider keine Gasthörerschaft in der Veterinärmedizin.
Henry
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Re: "Lamm retten"

Beitrag von mit »

Hmmm, das ist schade. Als ganzes Paket fände ich das übertrieben. Andererseits hätte ich hier einen sicheren job :-)
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Henry
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Re: "Lamm retten"

Beitrag von Henry »

Du hättest Arbeit, aber hättest Du auch Butter auf dem Brot?

Meerschweinzähne mußt Du knippsen und in Hundekacke nach Würmern suchen oder auch paar Mineralpetlen dem Wellensittich verordnen. Wenn Du als Schaftierarzt leben willst, mußt Du eine eigene Schäferei betreiben und nebenher schaftierarzten. Oder Du machst den großen Medikamentenhändler.

Wer leben will braucht Kunden mit Geld. Also Schäfer grade nicht.
Henry
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