Clostridien?

judith
Beiträge: 21
Registriert: So 5. Nov 2017, 13:18
Wohnort: Mfr
Schafrasse(n): Zackel,GGH,OFM Mixe,
Herdengröße: 35

Clostridien?

Beitrag von judith »

Ich habe von einem Bekannten ein Flaschenzicklein am 2. Lt. als Begleitung zu meinem Flaschenlamm bekommen.
Inzwischen ist es 17 Tage alt. Sie hatte zu Anfangs motorische Beeinträchtigungen, beispielsweise fiel sie häufig um, wenn sie umschauen oder umdrehen wollte, auch eine Hinterhandschwäche war erkennbar. Sie bekam zu Anfangs regelmäßig Vitamin E, B sowie Selen. Dann verschwanden die Auffälligkeiten
vollständig. Heute plötzlich blaue Zunge, schiefes geöffnetes Mäulchen, Atembeschwerden, Panik, komplette Lähmung der Hinterhand. Nach kurzer Zeit Besserung der Symptomatik, eine leichte Lähmung der Hinterhand blieb. Kein Durchfall ( köttelt sehr schön), uriniert normal, trinkt gut. TA ( der einzig gute, fähige für kleine Wiederkäuer hier) diagnostizierte Clostridien und spritzte Diazepam und ein Antibiotikum.
Was meint ihr, hat sie Überlebenschancen?
Ich entschuldige mich dafür, dass ich ins Schafforum schreibe, ich weiß aber aus Erfahrung, welch gute Hinweise und Tipps man hier bekommt und ich bin eigentlich Schafhalter.
Vielen Dank für jeden Hinweis und Rat 🙂
judith
Beiträge: 21
Registriert: So 5. Nov 2017, 13:18
Wohnort: Mfr
Schafrasse(n): Zackel,GGH,OFM Mixe,
Herdengröße: 35

Re: Clostridien?

Beitrag von judith »

Update: Ich habe ihr sehr gering dosiert Kupfer, Vitamin B und Selen oral verabreicht. Die Symptomatik verbessert sich zusehends, warum auch immer, sie läuft schon wieder durchs Wohnzimmer. Mal sehen...
Sophie der Brebie
Beiträge: 49
Registriert: Mo 8. Feb 2021, 16:42
Wohnort: Teutoburger Wald
Schafrasse(n): Walschafe
Herdengröße: 15

Re: Clostridien?

Beitrag von Sophie der Brebie »

Hallo Judith,
Schön dass der Zustand sich verbessert hat! Ich hätte Dir nicht wirklich helfende Infos geben können. Nur eins ist mir aufgefallen: ich hatte Mal ein (Schaf-) Lamm mit Clostridien und das hatte heftig Durchfall. Hat auch ziemlich markant gerochen. Wundert mich, dass das Zicklein normal köttelt.....
Auf jeden Fall: Gute Besserung weiterhin!
Sophie des Brebie
Sophie des Brebie
Benutzeravatar
peter e.
Förderer 2024
Förderer 2024
Beiträge: 710
Registriert: Do 29. Sep 2016, 22:52
Wohnort: Mittelhessen
Schafrasse(n): -ohne-
Herdengröße: 0

Re: Clostridien?

Beitrag von peter e. »

ich bin einfach mal so frei meinen Gedanken freien Lauf zu lassen:
Ich würde mir eine Mineralstoffversorgung (also Leckschale/-Stein) besorgen, wo ca. 1500mg Kupfer (nicht höher) in der Gesamtmasse drin ist, aus der Rinder- oder Pferdefütterung. Wenn andere daran naschen ist das nicht schädlich, weil die Akutaufnahme nicht toxisch werden kann.
Möglich, dass durch die Erstbehandlung schon alles eingeleitet ist und weitere Maßnahmen entbehrlich sind, es muss halt beobachtet werden.
Ein Antibiotikum in diesem Alter zu geben, wenn es nicht absolut notwendig ist, halte ich für sehr grenzwertig. Weil: das Konstrukt "Vier-Magen-Verdauung" befindet sich in der Aufbauphase, erstes Kauen an Heu und anderen festen Stoffen soll diese Bildung anregen. Dazu werden Mikroorganismen, Enzyme, Bakterien gebraucht - diese werden durch eine Antibiotikagabe empfindlich durcheinander gebracht, wenn nicht sogar eliminiert, reduziert. Das System muss sich neu aufbauen. Eine gescheite Milchversorgung (ich gehe davon aus, dass es sich auch um ein Flaschenlamm handelt) ist bestimmt gewährleistet und von daher heißt es einfach nur abwarten.
Ohne eingehende Untersuchung einfach auf Clostridien zu therapieren ist (für mich) ebenso grenzwertig: einzelne Clostridienstämme benötigen unterschiedliche Mittel. Alleine bei c. perfringens gibt es massenweise Unterstämme.
Ich tippe - anlehnend an deine Schilderung - auf einen akuten Mineralstoffmangel, der ja sehr gut behoben wurde. Bedenke: Ziegen und Schafe haben unterschiedliche Bedürfnisse, was Mineralstoffversorgung anbelangt!
Gutes Gelingen.
peter e.

Auch dem Schwächsten ist ein Stachel gegeben -
sich zu wehren.

frei nach Schiller
judith
Beiträge: 21
Registriert: So 5. Nov 2017, 13:18
Wohnort: Mfr
Schafrasse(n): Zackel,GGH,OFM Mixe,
Herdengröße: 35

Re: Clostridien?

Beitrag von judith »

Eine kurze Rückmeldung: Dem kleinen Burenzicklein geht es gut 🙂.
Nach der Notversorgung mit Vitamin B, Selen und Kupfer und der Bereitstellung eines Lecksteines mit Kupfer ging es ihr schlagartig und nachhaltig besser. Sie entwickelt sich gut und motorisch und neurologisch völlig unauffällig.
Die 2. Spritze mit Antibiotikum, die mir der TA zum injezieren nach 2 Tagen mitgab, habe ich ihr nicht verabreicht.
Vielen Dank an peter e. und Sophie der Brebie
Benutzeravatar
Henry
Beiträge: 4461
Registriert: Fr 4. Nov 2016, 10:40
Wohnort: Leipzig
Schafrasse(n): Bluefaced Leicester, Kamerun, Wiltshire Horn, Merino Landschafe, Mules
Herdengröße: 310
Kontaktdaten:

Re: Clostridien?

Beitrag von Henry »

Das ist nicht gut.
AB-Behandlung muß über die Mindestdauer fortgesetzt werden.
Henry
der
Schafschützer
judith
Beiträge: 21
Registriert: So 5. Nov 2017, 13:18
Wohnort: Mfr
Schafrasse(n): Zackel,GGH,OFM Mixe,
Herdengröße: 35

Re: Clostridien?

Beitrag von judith »

Henry, ja das weiß ich. Sie hat auf die erste Injektion schon mit Durchfall reagiert und da war mir das Risiko, mit einer zweiten die Pansenflora zu zerstören, zu hoch.
Benutzeravatar
Henry
Beiträge: 4461
Registriert: Fr 4. Nov 2016, 10:40
Wohnort: Leipzig
Schafrasse(n): Bluefaced Leicester, Kamerun, Wiltshire Horn, Merino Landschafe, Mules
Herdengröße: 310
Kontaktdaten:

Re: Clostridien?

Beitrag von Henry »

Durchfälle generiert der Dickdarm.
Das Absetzen von AB generiert MRSA.
Henry
der
Schafschützer
judith
Beiträge: 21
Registriert: So 5. Nov 2017, 13:18
Wohnort: Mfr
Schafrasse(n): Zackel,GGH,OFM Mixe,
Herdengröße: 35

Re: Clostridien?

Beitrag von judith »

Du hast fachlich zu 100 Prozent recht. Das weiß ich als Krankenschwester.
Ich habe ganz individuell und situativ entschieden, in einem kleinen Bestand, der in 10 Jahren keinen einzigen Fall einer medizinisch relevanten Infektion hatte,dem kleinen, schwachen Zicklein das AB, für das keine Indikation vorlag, nicht zu verabreichen.

Ich ärgere mich über mich selber, weil ich die Diagnose des TA nicht stärker in Frage gestellt und zugelassen habe, daß das AB verabreicht wurde.
Daran lässt sich nichts mehr ändern.
Der Ziege geht es gut und sie freut sich des Lebens.
Benutzeravatar
Henry
Beiträge: 4461
Registriert: Fr 4. Nov 2016, 10:40
Wohnort: Leipzig
Schafrasse(n): Bluefaced Leicester, Kamerun, Wiltshire Horn, Merino Landschafe, Mules
Herdengröße: 310
Kontaktdaten:

Re: Clostridien?

Beitrag von Henry »

Die Behandlung von Clostridien mit Antibiotika (nicht Bakteriostatika) führt als Folge des Absterbens zur Freisetzung der Toxine. Ergebnis: Clostridie tot - Schaf tot.
Deshalb ist die Behandlung von Clostridieninfektionen nahezu aussichtslos. Es sind die Toxine, die töten.

Es kann tatsächlich sinnvoll sein - neben einer Infusionstherapie - AB einzusetzen, die Clostridien überleben lassen aber andere Erreger bekämpfen. Das schafft dem Immunsystem die Freiheit sich auf die Eigenabwehr zu konzentrieren. Schließt die Makrophage die Clostridie ein, dann verbleiben die Toxine in der Freßzelle. Das ist der Trick.

Ansonsten hilft nur ein Zeitsprung und etwa 6 Wochen vor der Erkrankung zu impfen.
Henry
der
Schafschützer
Antworten