Auswirkungen von Biosphärenreservat auf die Schafhaltung?

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Steffi
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Re: Auswirkungen von Biosphärenreservat auf die Schafhaltung?

Beitrag von Steffi »

Ich glaube, Punkt 8 des Arbeitspapiers trifft es wohl:

"Die Entwicklungskonzeption und der Prozess zur Anerkennung als UNESCOBiosphärenregion
eröffnet große Chancen für die Einwerbung von Fördermitteln
(ELER/LEADER, ESF, EFRE…) bei der EU, dem Bund und dem Land Hessen."
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Manfred
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Re: Auswirkungen von Biosphärenreservat auf die Schafhaltung?

Beitrag von Manfred »

Jepp. Da setzt dann das Hirn aus und die kurzfristigen Begehrlichkeiten werden über die langfristigen Perspektiven gestellt. Reicht ja, wenn es eine Wahlperiode hält oder zwei. Danach die Sintflut.
Der denkende Mensch dagegen fragt sich, wie beschissen das Ding wohl sein muss, dass man so viel Geld reinschütten muss, um es den Betroffenen anzudrehen.
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Steffi
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Re: Auswirkungen von Biosphärenreservat auf die Schafhaltung?

Beitrag von Steffi »

Als Bürger unseres Landes versuche ich mich an die deutschen Gesetze zu halten, auch wenn das wegen diverser sich widersprechender Interessen (z.B. Tierschutz, Baurecht, Naturschutz) oft schwierig genug ist. Ich mag mir nicht noch von unzähligen NGOs reinreden und mich gängeln lassen. Gibt´s dagegen eigentlich kein Gesetz? Bzw. auf welcher rechtlichen Grundlage pfuschen einem solche Leute rein?

LG,
Steffi, die ein Biosphärenreservat im Grunde immer noch gut findet
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Edwin
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Re: Auswirkungen von Biosphärenreservat auf die Schafhaltung?

Beitrag von Edwin »

Seffi, dort gibt es bestimmt (bald) einen Förderverein und eine GmbH, die die Organisation über haben. Da solltest du rein oder hin gehen, dich einschleimen und schön tun. Schaffst du es , bist freundlich und kommst mit deinen Ideen an hast du gewonnen, sind das Typen auf eigene Kohle bedacht, bekommst du Auflagen... so ist die Welt...

Grüße
Romanov II
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Re: Auswirkungen von Biosphärenreservat auf die Schafhaltung?

Beitrag von Romanov II »

Moin Manfred,

vielleicht hälst Du mich ja für ne Korinthenka.. aber:
von der Seite der UNESCO:
Biosphere Reserves – Learning Sites for Sustainable Development

" ©UNESCO

Biosphere reserves are areas comprising terrestrial, marine and coastal ecosystems. Each reserve promotes solutions reconciling the conservation of biodiversity with its sustainable use.

Biosphere reserves are ‘Science for Sustainability support sites’ – special places for testing interdisciplinary approaches to understanding and managing changes and interactions between social and ecological systems, including conflict prevention and management of biodiversity.

...

Three zones, one biosphere reserve!

Biosphere reserves have three interrelated zones that aim to fulfil three complementary and mutually reinforcing functions:

The core area(s) comprises a strictly protected ecosystem that contributes to the conservation of landscapes, ecosystems, species and genetic variation.
The buffer zone surrounds or adjoins the core areas, and is used for activities compatible with sound ecological practices that can reinforce scientific research, monitoring, training and education.
The transition area is the part of the reserve where the greatest activity is allowed, fostering economic and human development that is socio-culturally and ecologically sustainable."

Kernzone ist KEINE deutsche Idee.
Hast Du selber schlechte Erfahrungen gemacht ode rwarum wetterst Du gegen Biosphären Reservate? Die großen Flächen dieser Schutzgebiete sind Landschaftsschutzgebiete mit Landnutzung nach "guter fachlicher Praxis".
Grüße von Anne

Es muss nicht immer alles Sinn machen. Oft reicht es auch, wenn es Spaß macht.
Manfred
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Re: Auswirkungen von Biosphärenreservat auf die Schafhaltung?

Beitrag von Manfred »

Nicht die Kernzone ist eine deutsche Idee, sondern der sogenannte Prozessschutz, sprich das totale Nutzungsverbot, in der Kernzone.
Nach den UNESCO-Regeln könnte die Kernzone auch einfach eine zu schützende Kulturlandschaft mit ihrer Artenvielfalt sein.

Der sogenannte Prozesschutz beruht auf dem calvinistischen Dogma, der Mensch sei grundsätzlich mit Sünde behaftet.
John Muir (er gilt vielen als der Vater der Nationalparkidee) und sein Umfeld haben das damals so umgemünzt, dass der Mensch deshalb aus Gottes ansonsten perfekter Schöpfung ausgeschlossen werden müsse. (Praktischer Weise waren die Auszuschließende damals fast ausschließlich nordamerikanische Ureinwohner. Für seinen Rassismus wird Muir heute kritisiert.)

Dieser Unfug hält sich hartnäckig in vielen Köpfen in der "Naturschutz"-Bewegung.
Dabei ist der Mensch Teil der Natur und die potentste Art für die Schaffung von Biodiversität überhaupt.
Der Mensch ist nicht grundsätzlich von Übel, sondern nur dann, wenn er mehr Monotonie als Diversität schafft.
Einfach mal darüber nachdenken, wofür die Evolution oder Gott oder wer oder was auch immer den Menschen geschaffen hat.

Ein Biotop, aus dem der Mensch ausgeschlossen wird, kann niemals die gleiche Diversität erreichen, wie mit Menschen, die im Einklang mit ihrer Umwelt leben.
Den Menschen Auszusperren bedeutet, der Natur einen Hand auf den Rücken zu fesseln und dann zu sagen: Du machst das schon...

Die Folgen der muirschen Ideologie kann doch jeder, der mit offenen Augen raus geht, selbst sehen.
Auf all den Biotopkartierungs- und Totalschutzflächen schwindet überall die Diverssität (von einem kurzen, vorübergehenden Aufblühen in den Anfangsjahren auf manchen Flächen abgesehen). Was alleine hier im Grünen Band alles verschwunden ist seit der Wende... Aber statt das endlich wissenschafltich aufzuarbeiten und die nötigen Schlüsse daraus zu ziehen, klammert man sich krampfhaft an überholte Dogmen und finanziert mit Millionen von Steuergeldern eine Anscheinsforschung, die sich alleine auf positive Effekte konzentriert und sogar die Massenvermehrung von Jakobskreuzkraut zum Erfolg für den Artenschutz umdeutet, während alles Negative konsequent totgeschwiegen wird.

Und dass für jede Fläche, die wir hier aus der Nutzung nehmen, anderswo teilweise an mehrfaches an Fläche in Nutzung genommen werden muss, und dabei in aller Regel wertvolle Biotope zerstört werden, wird ebenfalls ignoriert und totgeschwiegen.

Der sogenannte Prozessschutz ist kein Naturschutz, sondern ein schreckliches ökologisches Verbrechen.
Stockmann
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Re: Auswirkungen von Biosphärenreservat auf die Schafhaltung?

Beitrag von Stockmann »

Manfred ich bin mit Deinen Ausführungen sehr einverstanden. Das calvinistische Dogma und vor allem seine Auswirkungen auf den z. Zt. praktizierten sogenannten Naturschutz war mir neu, finde es aber sehr nachvollziehbar. In Gesprächen mit Nabuisten, Petanern, Veganern etc. findet man tagtäglich bestätigt dass sie den Menschen aus der Natur, vor allem aus der Nahrungpyramide einfach heraus definieren. Begründen können sie das nicht.

Zurück zum Thema Biosphärenreservat: Die Kernzone (3%) soll, wenn ich es richtig verstanden habe, aus jetzigem Staatsforst gebildet werden. D.h. der Wald soll in so was wie Urwald ??? zurückgeführt werden. Dagegen ist m.E. aus mehreren Gründen nichts einzuwenden: 1. Weil eh Staatsbesitz wird niemandem Eigentum genommen. 2. Nach meinen - wissenschaftlich nicht abgesicherten Beobachtunge - findet dadurch kein Artenrückgang sondern wahrscheinlich der erwartete Artenzuwachs statt. In den anderen Zonen findet kein Prozessschutz statt. Im Gegenteil, in der transitionzone soll das sozio-kulturelle Leben (der Menschen) mit der Ökologie verbunden werden. In bald 20jährigem Leben in der Schorfheide kann ich sagen, dass die m.E. gut funktioniert und es keinesfalls ein Todesstoß für die Region war. Im Gegenteil, es wurden ausgiebige Wander-, Wasser- und Radwege geschaffen durch die der Tourismus einen starken Aufschwung genommen hat.Wenige km von mir entfernt ist ein komplett neues Hafendorf kurz vor der Fertigstellung von wo aus Kanuten direkt in die Biosphäre und theoretisch bis zur Ostsee paddeln können. Für Radfahrer wurde ein Radwegenetz von Berlin bis Kopenhagen gebaut, um nur zwei Beispiele zu nennen. Die umgebende Infrstruktur wie Pensionen, Restaurationsbetriebe, Aktivityparks, Entertainmentbetreibe etc. hat sich daraufhin gut entwickelt. Und es gibt nach wie vor einen ausgesprochen attraktiven Jagdtourismus. Waidmanns Heil und Petri Heil!

Ich würde Steffi ebenfalls raten sich zu zeitig und intensiv wie möglich mit Sachverstand und Praxisbezug einzubringen, sonst müssen wir uns nicht wundern, wenn Balkon-Biologen den Schutz des JKK und anderen Unsinn betreiben.
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Henry
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Re: Auswirkungen von Biosphärenreservat auf die Schafhaltung?

Beitrag von Henry »

Wildschweine beispielsweise halten sich nicht an die Kernzonengrenzen. Je nach Reglementierung der Jagd hat das dan fatale Folgen für das umliegende Grünland und dessen Bewohner und Nutzer.

Wenn der Staatsforst seine Flächen verurwalden läßt, dann verurwaldet sehr wohl jemandes Eigentum.
Henry
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Manfred
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Re: Auswirkungen von Biosphärenreservat auf die Schafhaltung?

Beitrag von Manfred »

Die 3% lesen sich so mickrig, und das ist auch Absicht.
Das BR Rhön hat z.B. eine Gesamtfläche von 243.000 ha, davon 7.438 ha Kernzonen.

In Bayern haben wir 2,6 Mio ha Wald und 190.000 Beschäftigte im Cluster Forst und Holz, davon ca. 30.000 im Bereich Forstwirtschaft und Holzverarbeitung.
Also insgesamt ca. 1 Arbeitskraft im Cluster Forst je 13,7 ha.
Und davon 1 Arbeiskraft in Forstwirtschaft und Holzverarbeitung je 86,7 ha.
Alles wirtschaftliche Arbeitsplätze.

Wird eine neue Kernzone von 7.438 ha geschaffen, fallen also schomal 85 Arbeitsplätze in der Forstwirtschaft und Holzverarbeitung weg.
Die restlichen 458 Arbeitsplätze im Cluster müssen zukünftig mit Importholz versorgt werden oder sie fallen ebenfalls weg. In der Realität wird es eine Mischung aus beidem sein, weil die Arbeitsplätze in die exportierenden Länder verlagert werden.
(Deutschland ist trotz seiner großen Waldflächen Netto-Importeur von Holz.)

Dann stellt sich die Frage, wo die zusätzlichen Holzmengen herkommen sollen.
Bzw. die Frage stellt sich nicht. In der EU gibt es keine nennenswerten zusätzlichen Kapazitäten, oder die Holz stammt heute schon aus Raubbau, siehe z.B. die mafiösen Abholzungen in Rumänien.
Der großteil der zusätzlichen Importe wird heute im russischen Teil Kareliens generiert.
Einfach mal auf Google Maps von der finnischen Grenze aus den Straßen rein nach Russland folgen. Dort sind die schachbrettartig angelegten Großkalschläge gut zu erkennen.
Was dort im Kahlschlagverfahren abgeholzt wird, sind bisher weitgehend unberührte boreale Wälder mit extrem langsamem Zuwachs. Wegen des langsamen Zuwachses und der dünnen Stämme muss dort je nach Lage ca. das 10- bis 40-fache (!!!) an Fläche in Nutzung genommen werden, die wir hier aus der Nutzung nehmen.
D.h. für jeden stillgelegten ha deutschen Wirtschaftswald, werden 10 bis 40 ha russische Urwälder in die Nutzung genommen, und das mit Methoden, die nach dem deutschen Waldgesetz verboten sind.

Und das wird uns dann als Naturschutz und regionale Arbeitsbeschaffung (durch das neu, steuerfinanzierte BR-Personal) verkauft.

Auch die Aussage, dass die Artenvielfalt zunimmt, ist so nicht richtig.
Es gibt einige wenige echte, vergleichende Untersuchungen.
Da kommen dann für manche völlig überraschende Ergebnisse heraus. z.B. das ein Wirtschaftswald mit 100-jährigem Umtrieb und Ernte als Kahlhieb unter Schirm (es bleiben auf der Erntefläche Samenbäume stehen) summiert über alle seine Sukzessionstufen mehr Artenvielfalt hat als gleichgroße, langjährige Buchen-Nationalparkflächen im Nationalpark Hainich.
Und bereits heute naturnah bewirtschaftete Wirtschaftswälder wie der Oettinger Forst haben noch eine deutlich höhere Biodiversität.

Wenn man bezüglich Biodivesität fair vergleichen will, dann muss man erstens die Wirkung auf die Wälder in den neuen Exportländern mit berücksichtigen und 2 darf man nicht den Wirtschaftswald von heute mit den Stilllegungsflächen der Zukunft vergleichen, sondern letztere mit dem artenreicheren Wirtschaftswald der Zukunft.
Außerdem muss man berücksichtigen, dass in den Prozessschutzbereichen langfristig die heute dort noch vorhandenen Grünlandinseln (durch Bewirtschaftung entstanden) und der Randbewuchs der ganzen Wirtschafswege mit ihrer Diversität verloren gehen.

Was heute aus den Nationalparks und anderen Prozessschutzflächen kommt, ist weitgehend Anscheins-Wissenschaft, die nicht vergleicht und auch nicht dokumentiert, was verloren geht, und auch nicht ehrlich sagt, dass die Diversitätsblüte auf z.B. einer Käferholzfläche von relativ kurzer Dauer ist, bis dort wieder geschlossener Wald steht.
Echte Wissenschaft macht saubere Vergleiche und überprüft sich ständig selbst, ob sich nicht doch evtl. irgendwo kleinste Fehler macht, was dann eine umgehende Korrektur oder gar Verwerfung der Gedankenmodelle nach sich zieht.
Eine solche echte Forschung gibt es im deutschen "Naturschutz" praktisch nicht. Da kommen nur einige wenige Daten von den mit knappen Mitteln versehenden Forstwissenschaftlern. Wer das Maul aufmacht, dem wird der Geldhahn zugedreht. Kritsch äußert man sich dann allenfalls, wenn man bereits Pensionär ist und nichts mehr zu verlieren hat.
Romanov II
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Re: Auswirkungen von Biosphärenreservat auf die Schafhaltung?

Beitrag von Romanov II »

Moin,

Manfred, Deinen Ausführungen zu Naturschutz und Prozessschutz kann ich weitgehend zustimmen.
Gutes kleines Beispiel ist die "Gänseproblematik" an den Deichen/Grünland dahinter an der Westküste. Naturschützer schwören aud Grünlandbrachen für Gänse & Wiesenbrüter, aber die Vögel gehen "natürlich" auf das gepflegte Grünland. Wer will schon in unübersichtlichen Distel-Brennesselfluren brüten?
Grüße von Anne

Es muss nicht immer alles Sinn machen. Oft reicht es auch, wenn es Spaß macht.
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