Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft und der Wolf

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Henry
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Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft und der Wolf

Beitrag von Henry »

Fatale Erkenntnis:

Alle Maßnahmen zum Schutz gegen den Wolf, aber auch alle "Entschädigungen", beruhen auf Maßnahmen der Förderung des ländlichen Raumes - einem EU-Projekt. Dazu ist zwingend (zur eigentlichen Betriebsnummer) eine 10-stellige Fördernummer notwendig. Alle, auch Tierhalter die bislang jede Förderung ablehnten und sich weder EU-abhängig noch CC-sanktionierbar machen wollten, erhalten diese Nummer, selbst dann, wenn sie anschließend keine Förderungen oder Zuschüsse bewilligt bekommen. Eine Reaktion auf die Zuteilung dieser Nummer liegt mir nun vor. :shock:

"Sehr geehter Herr S." heißt es da, "aufgrund des Datenabgleiches mit dem Amt für Landwirtschaft haben wir festgestellt, daß Sie für Flächen Fördermittel der Landwirtschaft beantragt haben." und weiter, "Da wir als Träger der gesetzlichen landwirtschaftlichen Unfallversicherung aufgrund Ihrer Antragsdaten grundsätzlich davon ausgehen müssen, daß die Bewirtschaftung der Flächen der Versicherungspflicht bei uns unterliegt ... werden [Sie] von Amts wegen versicherungs- und beitragspflichtig bei der Berufsgenossenschaft erfasst."

Die Denkweise der LBG ist die: Wer eine Fördernummer hat ist Landwirt. Wer Landwirt ist muß zahlen! Punkt!

Rechenbeispiel:
LBG-Beitrag: 3 Mutterschafe, 1 Bock auf 5000 qm Streuobstgarten = 140,30 € (jährlich, jedes Jahr, rückwirkend bis 5 Jahre, Anspruch)
Zuschuß zum Herdenschutzzaun: Equivalent zu 2 Netzen = 200 € (einmalig, alle 4 Jahre möglich, freiwillig)

Falls es noch irgendjemanden wundert, daß sächsische Durchschnittsschafhalter keine Anträge stellen, keine Schäden melden, nichts mit den Ämtern zu tun haben wollen ...
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Manfred
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Re: Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft und der Wolf

Beitrag von Manfred »

BG-Beiträge sind ja OK. Dazu bist du bei überschreiten der Mindestflächen verpflichtet, egal ob du was angemeldet hast oder nicht.
Du erwirbst damit ja auch einen Leistungsanspruch im Falle eines Unfalls oder einer durch diese Arbeit bedingten Erkrankung.

Was aber richtig übel in die Hose gehen kann, sind Beitragspflichten für die landwirtschaftliche Alters- und Krankenkasse.
Selbst wenn du als Schafhalter dich davon befreien lässt, weil du über ein ausreichendes außerlandwirtschaftliches Erwerbseinkommen verfügst:
Wenn deine Frau Hausfrau ist, gehen die landwirtschaftlichen Kassen automatisch davon aus, dass sie mit im landwirtschaftlichen Betrieb arbeitet (selbst wenn es nur dein Hobby ist uns sie keinen Finger dafür krumm macht) und deshalb Beitragspflichtig ist.

Es ist schon mehrfach passiert (mit gerichtlichem OK), dass wegen des Hobbys / Nebenerwerbs eines Ehepartners für mehrere Jahre Beiträge für den anderen Ehepartner in die landwirtschaftlichen Kassen nachbezahlt werden mussten.
Es gab auch Fälle, wo eine vorübergehende Arbeitslosigkeit eines Partners (kein ausreichendes außerlandwirtschaftliches Erwerbseinkommen mehr) nicht umgehend an die landwirtschaftliche Sozialkassen gemeldet wurde, und dann unwissentlich Beiträge nicht bezahlt wurden, welche die Kassen eingefordert haben.

Außerdem gilt die Befreiung von LKK und LAK erst am Antragsstellung. D.h. selbst wenn du ausreichendes außerlandwirtschaftliches Erwerbseinkommen hattest, aber nichts angemeldet und keinen Antrag auf Befreiung gesellt hast, könnte eine Nachzahlung fällig werden.

Man sollte auf jeden Fall vorab mit der landwirtschaftlichen Sozialversicherung abklären, ob und welche Beitragsverpflichtungen für Betriebsleiter und Ehepartner anfallen. Die Regelungen sind je nach Bundesland etwas unterschiedlich.
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Henry
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Re: Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft und der Wolf

Beitrag von Henry »

Manfred hat geschrieben:BG-Beiträge sind ja OK.
Man darf da sicher anderer Meinung sein, insbesondere, wenn man bereits Beiträge zu einer anderen Berufsgenossenschaft zahlt.

Bei Schafen kenne ich keine Untergrenze. Bereits 1 (Mutter/Vater-)Schaf kostet den Mindestbeitrag von 87,39 €. Und das kommt zustande, wenn sich ein nicht versicherungspflichtiger Wiesenbesitzer eine Mutter mit 2 Lämmern über den Sommer als Rasenmäher auf 2.400qm hält. Dann muß er den Garten natürlich mitbezahlen und kommt auf 95,34 €. Wenn der klaren Verstandes ist, wartet er darauf erwischt zu werden. Oder er will diese Schafe leichtgläubig mit staatlicher Hilfe vorm Wolf schützen und dann kriegt er die Nummer und die Post.

Und jede Wette, die TSK - obwohl völlig unbeteiligt, der Wolf ist keine Seuche - wird auch nach den gehaltenen und bezahlten Tierzahlen abgefragt, wenns um die Förderung geht.

Ein Hund weckt sie alle!
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Insane
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Re: Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft und der Wolf

Beitrag von Insane »

Henry hat geschrieben:
..., der Wolf ist keine Seuche -
Darüber kann man unterschiedlicher Meinung sein.
Das ist kein Heu in meinen Haaren - das ist Schäferglitzer :?:
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Henry
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Re: Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft und der Wolf

Beitrag von Henry »

Henry hat geschrieben:Und jede Wette, die TSK - obwohl völlig unbeteiligt, der Wolf ist keine Seuche - wird auch nach den gehaltenen und bezahlten Tierzahlen abgefragt, wenns um die Förderung geht.
Gewonnen!
Die Meldung bei der Tierseuchenkasse ist Voraussetzung sowohl für die Förderung im Herdenschutz als auch für die Entschädigung. Die Entschädigung selbst ist und bleibt aber keine Leistung, auf die der Tierhalter Anspruch an die Kasse hätte. Warum die TSK in dem Prozeß überhaupt beteiligt ist, konnte diese nicht erklären.
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Manfred
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Re: Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft und der Wolf

Beitrag von Manfred »

Henry hat geschrieben:Man darf da sicher anderer Meinung sein, insbesondere, wenn man bereits Beiträge zu einer anderen Berufsgenossenschaft zahlt.
Ja, darf man natürlich. Wäre z.B. eine Überlegung wert, die Mindestgrenzen der BG auf die für die Alterskasse hochzusetzen.
Diese Kleinbeiträge zu bearbeiten erzeugt ja mehr Bürokratie, als dann in der Kasse für Schäden zur Verfügung steht.
Man könnte durchaus festlegen, dass Eigen-Gesundheitsschäden durch Liebhabereibetriebe durch die normale Krankenkasse + eine evtl. vorhandene private Unfallversicherung mit gedeckt werden, wie bei außerlandwirtschaftlichen Hobbys auch.
Schifahren ist ja auch nicht weniger gefährlich als ein Schafbock.
Wollte nur festhalten, dass die Beiträge nicht ganz für die Katz sind, sondern im Schadensfall auch ein Leistungsanspruch gegenüber der BG besteht.
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Henry
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Re: Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft und der Wolf

Beitrag von Henry »

Manfred hat geschrieben:... dass die Beiträge nicht ganz für die Katz sind, sondern im Schadensfall auch ein Leistungsanspruch gegenüber der BG besteht.
200.000 € bei Vollinvalidität und zusätzlich 700 € lebenslange (nicht nur erwerbslebenslange) monatliche Rente kosten auf dem Freien Markt für jedermann (auch für Schäfer) 26,80 € im Monat oder 322 € im Jahr. Und zwar ohne Anrechnung anderswo bezogener Altersrenten ect. und nicht erst ab einer Schädigung von mindestens 30%. Die LBG schreibt auf ihrer Seite wörtlich: "In vielen Fällen kann der Einkommensverlust nach einem Arbeitsunfall durch die vergleichsweise geringen Geldleistungen nicht ausgeglichen werden." http://www.svlfg.de/40-leistung/leis01_ ... index.html

Ich finde vor allem Klasse, daß die LBG ihre Daten abgleicht und erfährt, wer eine Fördernummer hat und dort zügig abzugreifen versucht und Aufwand erzeugt, zum Beispiel nachzuweisen, daß der Herdenschutznetzzaun auf fremdem Grund genutzt wird. Dann ist der Fremde zu benennen und dessen Mitgliedsnummer anzugeben. Auf daß es den nächsten in die Pfanne haut ...
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Re: Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft und der Wolf

Beitrag von Schafhüterin »

Henry hat geschrieben: 2.400qm hält.
Bei uns geht es los, ab 3 ha.

Ein befreundeter Hobby-Schafhalter, der in Vollzeit arbeitete, musste für seine Ehefrau (geringfügig beschäftigt) 12500 Euro (rückwirkend) Kranken- und Alterskasse nachzahlen. Es gibt Möglichkeiten der Befreiung, die aber vorab genehmigt werden müssen.

Infos dazu hier -> https://www.svlfg.de/40-leistung/index.html
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Re: Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft und der Wolf

Beitrag von peter e. »

Schafhüterin hat geschrieben:
Henry hat geschrieben: 2.400qm hält.
Bei uns geht es los, ab 3 ha.

Ein befreundeter Hobby-Schafhalter, der in Vollzeit arbeitete, musste für seine Ehefrau (geringfügig beschäftigt) 12500 Euro (rückwirkend) Kranken- und Alterskasse nachzahlen. Es gibt Möglichkeiten der Befreiung, die aber vorab genehmigt werden müssen.
[/url]
Und genau da fängt die widerliche abzocke an: wer von den <neu-einsteigern> (also pachtet/erbt mehr als 0,25 bzw. 3ha und entschließt sich ein paar schafe zu halten) wird denn davon informiert, dass sein weib - welches ihm das haus und bett hütet - jetzt zwangsmitglied in einer BERUFS-genossenschaft bzw. deren krankenabteilung wird, obwohl sie den beruf gar nicht ausübt.
Ich habe meine unfallversicherung gekündigt, weil ich bin ja jetzt zwangsmitglied in einer anderen gesellschaft - das dumme nur: ich brauch die gar nicht. Und wenn dann wirklich was los ist, dann muss man sich jahrelang mit denen rumstreiten (da ist ja rumsaufen schon besser) um - wenn überhaupt - die zustehende leistung zu bekommen.
Es gehört nicht hierher, auch noch andere themenkomplexe in unserer gesellschaft zur sprache zu bringen, wie z.B. die zwangsabgabe für die landesrunkfunkanstalten, bloß weil eine wohnung genutzt wird.
peter e.

Auch dem Schwächsten ist ein Stachel gegeben -
sich zu wehren.

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Re: Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft und der Wolf

Beitrag von Schafhüterin »

@ Peter, der ist echt gut. Daumen nach oben.

Viele Menschen feiern Weihnachten alleine.
Aber die meisten dürfen das nicht.
Schafhüterin


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