Notabschaltung vomWeidezaungerät

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st68
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Notabschaltung vomWeidezaungerät

Beitrag von st68 »

großes problem: die wölfe treiben nun ihr unwesen direkt um meine weide herum. habe mich dieses jahr auch mit neuen e-netzen und weidezaungeräten eingedeckt. natürlich ohne von der förderung zu profitieren.

auf dem zaunbauseminar (letztes jahr) wurden wir teilnehmer davor gewarnt, dass nach neuester EU-vorschrift, alle weidezaungeräte mit über 5 joule ausgangsleistung eine "notabschaltung" haben müssen, die bei zu starken verlusten, die leistung auf ein schmerzfreies minimum reduziert (wegen dem tier- und menschenschutz). also im prinzip die hütesicherheit und die wolfsabwehr abschaltet, wenns mal wirklich ernst wird.

jetzt das problem: in KEINEM katalog, oder prospekt, oder onlineshop wird man als käufer auf diesen mangel hingewiesen. mein händler des vertrauens meint das bei patura mit der umschreibung "Zeitverzögerung und Lastwechselalarm" (glockensymbol) das gemeint wäre, was ich meine. was macht die "Zeitverzögerung" und der "Lastwechselalarm" eigendlich?
hat mein händler recht, oder heißt das ganz anders? hatte immer nach sicherheitsabschaltung o.ä. gesucht, aber nix gefunden. gibts so eine EU-vorschrift überhaupt? wenn ja, was beinhaltet die eigendlich? kann man die nachlesen? wenn ja, wo, oder wie heißt sie?

hoffe mir kann jemand hilfreiche antworten geben...
Manfred
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Re: Notabschaltung vomWeidezaungerät

Beitrag von Manfred »

Das ist ja auch kein Mangel, sondern gesetzlich vorgeschrieben.
Sinn und Zweck soll wohl sein, dass im Notfall eine Person, die sich ganz furchterbar im Zaun verwurstelt hat, wieder daraus lösen kann. (Es ist zwar kein E-Zaun-Personenunfall mit EU-zugelassenem Gerät und Folgeschaden dokumentiert, aber Grenzwerte zu ändern ist halt ein beliebtes Spiel zur Beschäftigung von Bürokraten.)

Die genaue Regelung müsstest du in der DIN EN 60335-2-76 (=VDE 0700-76) mit Stand August 2015 nachlesen können. Kostet bei den Normenverlagen ca. 90 Euro + Versand. Eine Vervielfältigung ist nicht erlaubt, d.h. wer sie lesen will, muss sie kaufen, weil sich die Normungsausschüsse über die Einnahmen aus dem Verkauf der Normen finanzieren.

Damit der Schutz anspringt, muss der Lastwiderstand schlagartig von über 1000 Ohm auf unter 500 Ohm abfallen.
Das kriegt man eigentlich nur durch einem saftigen Kurzschluss zum Boden hin. Also z.B. indem man den Draht auf regennassen Boden legt oder an einen Metallpfahl drückt.
Ich habe das mal an einem P6000 (das Gerät ist aber schon 4 Jahre alt, kann sein, dass sich nochmal was geändert hat) getestet.
Das Gerät geht dann für ca. 10 Minuten in den Alarmmodus und piept. Der Impulsabstand geht hoch auf ca. 3 Sekunden und die Impulsenergie wird etwas reduziert. Nach ca. 30 bis 60 Sekunden ging die Impulsenergie wieder hoch, der Impulsabstand blieb auf ca. 3 Sekunden. Mit Ende des Alarmsignals (ca. 10 Minuten) wurde dann auch der Impulsabstand wieder normal (ca. 1 Sekunde).

Die Funktion gibt es bei Patura beim P4500, P4600 und P6000 (das neue P8000 ist ja noch nicht verfügbar).
Beim P4500 und P4600 wird die Alarmfunktion abgeschaltet wenn man den Schiebeschalter auf halbe Leistung stellt (dann hat das Gerät ja auch max. 3 Joule). Beim P6000 springt der Alarm auch in er Einstellung halbe Leistung an.

Wenn du so ein Gerät im Betrieb hast, probiere die Alarmfunktion halt einfach mal aus.
schafbauer
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Re: Notabschaltung vomWeidezaungerät

Beitrag von schafbauer »

Deshalb habe ich noch geguckt das​ ich Geräte ohne dem tollen Software Update bekomm. Größter Müll überhaupt dieses Gesetz.

Ein Gerät von mir ako N7000 geht für 2 Minuten in Alarm dann is aus.
Wurde damals mit "neuester Technik" beworben und"erkennt Fehler im Zaun und reagiert mit Abänderung der Stromstärke darauf".
"Nur was man gerne macht, macht man auch gut." :schaf2:
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st68
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Re: Notabschaltung vomWeidezaungerät

Beitrag von st68 »

danke, manfred, auf so eine ausführliche antwort hatte ich gehofft.

ein mangel (sogar ein erheblicher) bleibt es auch, wenn er gesetzlich vorgeschrieben wird. wo bleibt die hütesicherheit wenn ein, auf den zaun gefallener, ast die gesamte zaunanlage ausschaltet? oder ein sturm mal ne zaunecke umpustet?

meintest du, das dein P6000 trotz kurzschluß zum boden, nach 10 minuten wieder mit voller kraft arbeitete, oder die volle leistung wieder kam, nachdem der kurzschluß beseitigt war?

und nein, ich kann mir so teure geräte nicht leisten. und ich will immer so wenig firlefanz wie möglich dran haben. hab mir P4 und P5 gekauft. vor allem weil da scheinbar keine notabschaltung drin sind.

großer mangel aber: der batterieschonmodus greift viel zu früh. mein altes P(irgendwas) läuft mit der alten, frisch aufgeladenen, batterie noch mindestens 2 tage, die neuen geräte starten damit nicht mal mehr. auch kein beitrag zu mehr hütesicherheit.
Manfred
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Re: Notabschaltung vomWeidezaungerät

Beitrag von Manfred »

st68 hat geschrieben:meintest du, das dein P6000 trotz kurzschluß zum boden, nach 10 minuten wieder mit voller kraft arbeitete, oder die volle leistung wieder kam, nachdem der kurzschluß beseitigt war?
Wenn der Kurzschluss beseitigt wird, schaltet das Gerät den Alarm ab und geht auf normale Funktion über.
Wenn der Kurzschluss bleibt, schaltet das Gerät nach 10 min den Alarm ab und geht ebenfalls wieder in normale Funktion über.

Da ich die aktuelle Norm nicht vorliegen habe (ich bin ja kein Hersteller und die sich ständige ändernden Normen nur der Info wegen aktualisieren geht ins Geld), habe ich nochmal beim Profi nachgefragt und diese Info erhalten:
Elektrozaungeräte mit Zeitverzögerung
Stand: Juli 2017

Laut DIN EN 60335-2-76 gelten bei Elektrozaungeräten ab 01.09.2010 mit Änderung vom 29.09.2014 (Herstellungsdatum der Geräte) zur Sicherheit von Mensch und Tier folgende Grenzwerte:

1. Elektrozaungeräte ohne Zeitverzögerung:
• Die Impulsfolge darf nicht größer als 1 Hz sein.
• Die Impulsdauer ... darf 10 ms nicht überschreiten.
• Die Energie je Impuls ... (bei einer Last von 50 – 500 Ohm) darf nicht größer als 5 J sein, und der Spitzenstrom ... darf nicht größer als 20 A sein für mehr als 200 µs je Impuls kumuliert.

2. Elektrozaungeräte mit Zeitverzögerung:
• Die Impulsfolge darf nicht größer als 1 Hz sein.
• Die Impulsdauer ... darf 10 ms nicht überschreiten.
• Die Verzögerungszeit muss zwischen 15 s und 60 s betragen.
• Die Anpassungszeit muss weniger als 1 min betragen.
• Sobald die Lastimpedanz an den Ausgangsklemmen 500 Ω überschreitet oder wenigstens einmal innerhalb der Verzögerungszeit überschritten hat, darf die Energie je Impuls ... (bei einer Last von 50 – 500 Ohm) 5 J nicht überschreiten, und der Spitzenstrom ... darf nicht größer als 20 A sein, für mehr als 200 µs je Impuls kumuliert.
• Wenn die Last über die Verzögerungszeit hinaus an den Ausgangsklemmen 500 Ω unterschreitet oder unterschritten hat, darf die Energie des Ausgangsimpulses folgende Grenzwerte nicht überschreiten:
(≤ 100 Ohm: 15 J / 200 Ohm: 12,5 J / 300 Ohm: 8,3 J / 400 Ohm: 6,3 J / 500 Ohm: 5 J)
• Elektrozaungeräte mit Zeitverzögerung, welche ... eine maximale Ausgangsenergie von 5 J überschreiten können müssen die folgenden Funktionen für Alarm und Kontrolle der Ausgangscharakteristik enthalten:
Fällt die Impedanz an den Ausgangsklemmen des Elektrozaungerätes innerhalb eines Impulses für eine Dauer von mehr als 6 Impulsen von ursprünglich 1000 Ω auf unter 400 Ω, dann muss der Alarm ausgelöst und die Impulswiederholrate auf weniger als 0,34 Hz reduziert werden. Der Alarm kann enden und die normale Impulswiederholrate wieder aufgenommen werden, sobald die an den Ausgangsklemmen liegende Impedanz über 600 Ω steigt oder wenn der Alarm für mindestens 10 min und nicht mehr als 60 min aktiv war."
1. bezieht sich auf die "kleinen" Geräte mit max. 5 Joule Impulsenergie.

2. bezieht sich auf die stärkeren Geräte. Mit "Zeitverzögerung" ist nur gemeint, dass sie nach dem Einschalten bzw. einem Lastwechsel die ersten Pulse mit max. 5 Joule arbeiten und dann nach 15 s bis 60 s die Leistung hochregeln.

Solange der Zaun halbwegs gut isoliert ist (Widerstand größer 500 Ohm) dürfen diese Geräte ebenfalls max. 5 Joule pro Puls abgeben.
Ist der Widerstand kleiner als 500 Ohm, dürfen sie ihre Leistung hochregeln.

Der Alarm wird nur ausgelöst, wenn der Widerstand innerhalb eines Impulsabstandes vom über 1000 Ohm auf unter 400 Ohm fällt.
d.h. wenn das Gerät an einem relativ gut isolieren Zaun läuft und dann plötzlich ein Quasi-Kurzschluss entsteht.
Das wird in der Praxis nur selten auftreten. Die meisten langen Zäune, of mit Bewuchs, an denen solche Geräte arbeiten, haben eh weniger als 500 Ohm Widerstand. D.h. ein Kurzschluss führt dann nicht zum Alarm, sondern das Gerät regelt seine Leistung einfach weiter hoch soweit es kann und die oben genannten Grenzwerte es zu lassen (≤ 100 Ohm: 15 J / 200 Ohm: 12,5 J / 300 Ohm: 8,3 J / 400 Ohm: 6,3 J / 500 Ohm: 5 J)
Wird ein Alarm ausgelöst, dann ist es bei den Patura-Geräten wie im letzten Absatz des Zitates beschrieben:
Das Gerät erhöht den Impulsabstand auf ca. 3 Sekunden und startet die Zeitverzögerung neu, d.h. es startet mit 5 Joule und regelt dann nach ca. 30 Sekunden die Leistung hoch. Der Pulsabstand bleibt aber bis zum Ende des Alarms auf ca. 3 Sekunden. Endet der Alarm, dann kehrt das Gerät zum normalen Betriebsmodus zurück.
D.h. man braucht sich keine großen Sorgen zu machen. Bis auf den längeren Impulsabstand während der Alarmzeit macht das Gerät ganz normal seinen Job.

So ein Verhalten erfordert natürlich entsprechende Mess- und Regelungstechnik im Gerät. Kann schon sein, dass andere Anbieter da sparen und auf ein vereinfachtes Alarmverhalten setzen. Da hilft im Zweifel wohl nur, das direkt mit dem jeweiligen Lieferanten zu klären.
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st68
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Re: Notabschaltung vomWeidezaungerät

Beitrag von st68 »

dann hätte ich mir also doch geräte mit über 5 joule kaufen können. zumindest von patura. oder ich sollte sie vor dem kauf testen, wie sich die notabschaltung wirklich verhält. scheinbar kann es zwischen den geräten doch deutliche unterschiede in der auslegung des gesetzes geben. je nach hersteller, oder baujahr, oder typ.

wieder was dazugelernt. danke dir, für die ausfürlichen antworten.
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