Klage beim VG Stuttgart wg. korrekter Anbringung von Ohrmarken

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Manfred
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Re: Klage beim VG Stuttgart wg. korrekter Anbringung von Ohrmarken

Beitrag von Manfred »

Der Uria e.V. / Familie Maier hat einen Teilsieg vor Gericht erreicht.
Die 2012 teilweise einbehaltenen Ausgleichszahlungen wegen der Kennzeichnung der Rinder mit Chip statt mit Ohrmarke müssen den 2 Betrieben ausgezahlt werden.
Was mit den komplett einbehaltenen Zahlungen für die weiteren Jahre passieren wird, ist noch unklar.

Weitere Infos siehe Anhänge.
Dateianhänge
Urteil VWG Sigmaringen Betrieb Edgar Maier.pdf
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Neuigkeiten im Ohrmarken-Konflikt_Dezember 2016.pdf
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meine_Landliebe
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Re: Klage beim VG Stuttgart wg. korrekter Anbringung von Ohrmarken

Beitrag von meine_Landliebe »

Henry hat geschrieben:Gibtas Neues?
ja und nein:

ja, weil ich habe eine vorläufige Kostenrechnung i.H.v. € 438,00 zur Zahlung erhalten und nein, weil der Verwaltungsapparat typischerweise keine Qualitätsmerkmale der Dienstleistung, der Industrie oder der Landwirtschaft erfüllt.

Ich stelle mich erfahrungsgemäß auf ein längeres Verfahren ein und bin dann umso erfreuter, falls es aus Versehen einmal schneller und auf Anhieb richtig klappt!

Sobald ich Neuigkeiten habe, werde ich natürlich hier sofort berichten!
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meine_Landliebe
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Re: Klage beim VG Stuttgart wg. korrekter Anbringung von Ohrmarken

Beitrag von meine_Landliebe »

Ich erhielt mit gestriger Post vom VG Stuttgart den gegnerischen Schriftsatz des Rechtsamtes der Stadtverwaltung Heilbronn zur Kenntnis.
Die Stadtverwaltung beantragt, meine Klage vom 03.11.2016 auf die Feststellung, „dass ins Ohrenfleisch gebohrte Dornteile keine fehlerfreie, rechtmäßige und lebenslängliche Einzeltierkennzeichnung gem. den Vorschriften der ViehVerkV, der EG-Verordnung Nr. 21/2004 und der EG-Verordnung 911/2004 darstellen, weil das vorgeschriebene Lochteil (Verschlussteil) fehlt, auf meine Kosten abzuweisen.

Begründung:
Die Klage ist bereits mangels Feststellungsinteresse unzulässig, im Übrigen ist sie auch unbegründet.

Die Doktorin des Rechtsamtes der Stadt Heilbronn führt am 13.12.2016 dem Verwaltungsgericht bezüglich des nicht verschlossenen Dornteils an meinem Bock den Sachverhalt und den Standpunkt der Stadtverwaltung Heilbronn aus, den ich aufgrund des Umfangs im Beitrag reduziere und deshalb nur auszugsweise den Kerninhalt wie folgt zitiere:

„Die Ohrmarken wurden mittels einer Ohrmarken-Zange eingezogen. Dieser Vorgang ist vergleichbar mit dem Stechen von Ohrlöchern beim Menschen.
Beim Schaf „Ajax“ mit der Ohrmarkennummer DE 01 08 006 05965 konnte die Ohrmarke am linken Ohr – das als zweites markiert wurde- nicht mit dem Verschlussteil („Lochteil“) verschlossen werden, da dieses beim Einziehen der Ohrmarke gebrochen war. Das Dornteil der Ohrmarke war trotz des fehlenden Gegenstückes gut im Schafsohr fixiert.
Die Möglichkeit, die Ohrmarke (Anmerkung von mir: sie meint damit das Dornteil) einfach wieder herauszuziehen und durch eine andere zu ersetzen, bestand vor Ort nicht. Zum einen ist das Ende des Ohrmarkendorns pfeilförmig, so dass sich die Ohrmarke ((Anmerkung von mir: sie meint damit das Dornteil) auch ohne Verschlussteil nicht ohne Weiteres herausziehen lässt, ohne das Schafsohr zu verletzen. Zum anderen war keine „Ersatzmarke“ mit derselben Ohrmarkennummer vorhanden, da Ohrmarken zur Kennzeichnung grundsätzlich paarweise bestellt werden und keine „Ersatzmarken“ mit geliefert werden. Da bei der Bestellung der Ohrmarken (Anmerkung von mir : durch eine Amtstierärztin des Veterinäramtes Heilbronn am 31.07.2013) davon ausgegangen werden konnte, dass die Kennzeichnung problemlos erläuft, und um Kosten der Ersatzvornahme auf das unbedingt Notwendige zu beschränken, war für jedes Schaf genau ein Ohrmarkenpaar (Anmerkung von mir: ein Ohrmarkenpaar kostet € 1,53 netto) bestellt worden. Ein „Ersatzpaar“ war bei dem Termin zur Ersatzvornahme daher nicht vorhanden.
Um dieses Schaf mit zwei Ohrmarken mit Verschlussteil zu kennzeichnen, hätte das Tier vollständig „umgekennzeichnet“ werden müssen, d.h. beide Ohrmarken hätten mittels einer Zange entfernt und ein neues Paar Ohrmarken mit einer neuen Nummer hätte eingezogen werden müssen. Alternativ hätte eine Ersatzohrmarke mit derselben Nummer bestellt werden müssen. In diesem Fall hätte die unverschlossene Ohrmarke im linken Ohr mittels einer Zange entfernt werden und die Ersatzohrmarke eingezogen werden müssen. In beiden Fällen hätte die Vervollständigung der Kennzeichnung durch die notwendige Bestellung eines neuen Ohrmarkenpaares mit neuer Nummer bzw. einer Ersatzohrmarke mit identischer Nummer erst zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden können. Im Übrigen hätten jedoch beide Varianten auch zusätzlichen Stress für das Tier bedeutet.

Die am 19.08.2013 durch eine Mitarbeiterin der Abteilung Veterinärwesen durchgeführte Kontrolle des Schafsbestands (Anmerkung von mir: per Fernblick auf die Tiere in einer 0,5 ha. große Weide) ergab, dass zu diesem Zeitpunkt alle Schafe mit zwei Ohrmarken gekennzeichnet waren. Somit hat sich auch die Ohrmarke mit fehlendem Verschlussteil noch im Ohr des Schafes „Ajax“ befunden.
….
Die Klägerin (Anmerkung von mir: = ich) stellte in diesen Schreiben –von deren vollständiger Übersendung mit dem Aktenauszug wegen der zahlreichen Wiederholungen abgesehen wird – immer wieder dar, dass das linke Ohr ihres Schafes „Ajax“ aufgrund der unverschlossenen Ohrmarke verschiedene Verletzungen davongetragen habe. Die Schilderungen entsprechen im Wesentlichen dem Vortrag in dem der Beklagten (Anmerkung von mir: =Stadtverwaltung HN) vom Gericht mit Schreiben vom 22.11.2016 übermittelten Schriftsatz der Klägerin vom 03.11.2016. So sei das Ohr nach Einziehung der Ohrmarke angeschwollen und anschließend auf einer Länge von 7 cm geplatzt, Einige Wochen später sei die Ohrmarke dann von alleine herausgefallen. Ob diese Angabe der Wahrheit entspricht, ist jedoch äußerst fraglich. Bei einer Kontrolle am 23.10.2013 (Anmerkung von mir: wieder ohne mein Beisein per Fernblick auf die Tiere in der 0,5 ha. großen Weide) war am linken Ohr des Schafes „Ajax“ kein Hinweis auf einen kürzlich erfolgten Wundverschluss bzw. eine kürzlich erfolgte Wundheilung in dem von der Klägerin beschriebenen Umfang zu erkennen. Das rechte Ohr war nach wie vor ordnungsgemäß gekennzeichnet.
…..
Die Klage ist bereits unzulässig. Sie ist als Feststellungsklage bereits unstatthaft. Jedenfalls fehlt das erforderliche Feststellungsinteresse.

1. Kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis
So wie der Klageantrag formuliert ist, betrifft er bereits kein konkretes Rechtsverhältnis, sondern es ist lediglich eine abstrakte Rechtsfrage formuliert. Eine solche Klage ist indes unstatthaft.
Unter Einbeziehung der der Beklagten vom Gericht mit Schreiben vom 11.11.2016 und vom 22.11.2016 übermittelten Schreiben der Klägerin vom 10.11.2016 und vom 03.11.2016 könnte angedacht werden, die Klage sachdienlich dahingehend auszulegen, festzustellen, dass die Durchführung der Einzeltierkennzeichnung im Wege der Ersatzvornahme am 07.08.201 rechtswidrig war, als bei dem Schaf „Ajax“ beim Einziehen der Ohrmarke das Schließstück gebrochen ist. Ausweislich der Niederschrift der Klageerhebung hat die Klägerin indes ausdrücklich auf die Annahme der Klage in der vorliegenden Form bestanden. Dieser ausdrücklich erklärte Wille, die Klage in der vorliegenden Form, d.h. mit dem formulierten Klageantrag zu erheben, steht einer anderweitigen Auslegung entgegen.

2. Fehlendes Feststellungsinteresse
Sollte das Gericht doch zu einer Auslegung des Klageantrags im Sinne der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Durchführung der Ersatzvornahme kommen, so fehlt es – unabhängig davon, ob eine solche Klage als Feststellungsklage nach § 43 VwGO oder als Fortsetzungsfeststellungsklage analog § 113 Abs. 1 S.4 VwGO zu werten wäre – am erforderlichen Feststellungsinteresse.

Es besteht kein Rehabilitationsinteresse der Klägerin. Von dem Umstand, dass bei der Kennzeichnung ihrer Schafe im Wege der Ersatzvornahem bei einer Ohrmarke das Schließstück gebrochen ist, geht keine diskriminierende Wirkung zu Lasten der Klägerin aus.

Zur Vorbereitung einer Amtshaftungsklage besteht kein Feststellungsinteresse, weil die Ersatzvornahme vor Klageerhebung abgeschlossen war und ggf. unmittelbar Amtshaftungsklage beim Landgericht zu erheben wäre. Zudem hat die Klägerin bislang nicht nachvollziehbar und nachprüfbar dargelegt, welche Verletzungen am Ohr des Schafes „Ajax“ kausal und zurechenbar durch die Kennzeichnung mit einer Ohrmarke mit fehlendem Schließstück verursacht worden und welche Schäden nach Art und Höhe ihr dadurch entstanden sind. (Anmerkung von mir: ein vorheriger Beschluss des VG Stuttgarts hält fest, dass die fotodokumentierten Verletzungen aller Tierohren durch die Zwangskennzeichnung mit Ohrmarken in der Ersatzvornahme der Stadt Heilbronn entstanden sind, der richterliche Hinweis wird von der Stadt HN aber nicht anerkannt, den sie sahen zu keiner Zeit verletzte Tierohren)…
Aus diesen Gründen ist eine Amtshaftungsklage auch als aussichtslos zu bewerten. Wegen des Bestreitens des Bestehens der behaupteten Verletzungen, der Kausalität der Verletzungen mit fehlendem Schließstück für diese Verletzungen sowie der Umfang des behaupteten Schadens, kann ein Feststellungsurteil einen gesonderten Amtshaftungsprozess auch nicht entbehrlich machen.

Schließlich besteht auch keine Wiederholungsgefahr. Zum einen befinden sich die Schafe der Klägerin inzwischen im Rems-Murr-Kreis und somit im Zuständigkeitsbereich eines anderen Veterinäramtes. Zudem wurden sie dort kürzlich mit der inzwischen in Baden-Württemberg zulässigen Kombination aus Bolus-Transpondern und Tätowierung gekennzeichnet. Eine erneute Kennzeichnung mittels Ohrmarken ist daher nicht erforderlich. Aus denselben Gründen ist eine gerichtliche Klärung der aufgeworfenen Frage auch nicht für das künftige Verhalten der Klägerin wesentlich.


Die Klage ist zudem unbegründet. Die Einzeltierkennzeichnung mittels Ohrmarken erfolgt regelmäßig durch Einziehen dieser Marken mittels einer speziellen Zange. Die Ohrmarken werden hierbei mit einem Schließstück („Lochteil“) verschlossen.

Im Zuge der Ersatzvornahme am 07.08.2013 brach indes das Schließstück bei der Ohrmarke im linken Ohr des Schafes „Ajax“. Aufgrund der oben dargestellten Gründe war es nicht möglich, bei dem Termin zur Ersatzvornahme vor Ort eine anderweitige Kennzeichnung dieses Schafes (vollständige Umkennzeichnung bzw. Austausch der unverschlossenen Ohrmarke durch eine Ersatzohrmarke mit gleicher Nummer wie die bereits eingezogene Ohrmarke im rechten Ohr) vorzunehmen. Ebenso konnte die Ohrmarke nicht einfach wieder herausgezogen werden. Unmögliches kann aber von der Behörde bei der Ersatzvornahme nicht verlangt werden.

Die Beklagte war auch nicht gehalten, im Hinblick auf ein eventuelles Brechen eines Schließteils „Ersatzohrmarken“ bereit zu halten. Zum einen erfolgt die Bestellung von Ohrmarken normalerweise durch den Tierhalter beim LKV (Anmerkung von mir: ich hatte aber seit 2011 die offiziellen ohrmarkenfreien KZ-Elemente bestellt und nicht Ohrmarken) ; der Erhalt der Ohrmarken nimmt in der Regel wenige Wochen in Anspruch. Die Ausgabe der Ohrmarken an den Tierhalter erfolgt nach angemessener Berücksichtigung des voraussichtlichen Bedarfs. Der voraussichtliche jährliche Bedarf im vorliegenden Fall waren fünf Paare Ohrmarken, d.h. ein Ohrmarkenpaar für jedes der 5 ungekennzeichneten Schafe, die die Behörde in kürzester Zeit vom LKV erhalten konnte. Zum anderen ist die Beklagte gehalten, die Kosten für eine Ersatzvornahme im Interesse des Verpflichteten gering zu halten.

Eine Umkennzeichnung (oder teureres Ergänzen der fehlenden einzelnen Ohrmarke) hätte zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen müssen, spätestens nachdem das Schaf die Ohrmarke (Anmerkung von mir: sie meint das Dornteil einer unvollständigen Ohrmarke) verloren hatte. Sofern ein Tier eine Ohrmarke verliert, ist es indes Pflicht des Tierhalters, wieder für eine vollständige Kennzeichnung zu sorgen. Da die Klägerin sich jahrelang geweigert hat, ihre Schafe (Erg. von mir: mit dem KZ-Element Ohrmarken) zu kennzeichnen, hätte es hierzu einer erneuten Verfügung bedurft, die höchstwahrscheinlich ebenfalls mittels Ersatzvornahme hätte durchgesetzt werden müssen. Letztlich wirft die Klägerin der Beklagten vor, sie nicht erneut zur vollständigen Kennzeichnung ihrer Tiere verpflichtet und diese Verpflichtung durchgesetzt zu haben. Die Klägerin hat indes keinen Anspruch auf die gerichtliche Feststellung, dass die Beklagte ihr gegenüber einen sie belastenden Verwaltungsakt hätte erlassen und durchsetzen müssen.

Der Vorwurf der Klägerin, die Beklagte habe die Schafe nach der Kennzeichnung medizinisch unversorgt auf der Weide zurückgelassen geht fehl. …Sofern tatsächlich Verletzungen in der von der Klägerin beschriebenen Art aufgetreten wären, wäre es ihre Pflicht als Tierhalterin gewesen, zum Wohl der Tiere einen Tierarzt heranzuziehen und die Wunden fachgerecht behandeln zu lassen. …Die Klägerin lehnt die Kennzeichnung mittels Ohrmarken vehement ab und begründet dies mit dem Wohl der Tiere. Wenn ihr tatsächlich so am Wohl ihrer Tiere gelegen ist, wäre es vollkommen unverständlich, dass sie bei Verletzungen der von ihr beschriebenen Art auf fachkundige tierärztliche Hilfe verzichtet hätte.“
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Re: Klage beim VG Stuttgart wg. korrekter Anbringung von Ohrmarken

Beitrag von Insane »

Das heißt also in Kurzform:

1. Wir haben kein Interesse daran, dass festgestellt wird, dass wir schuld sind.

2. Wir sind gar nicht schuld, weil wir auf die Entfernung nicht feststellen konnten, ob das Tier Verletzungen hat (witzig, weil man ja angeblich auf die gleiche Entfernung Ohrmarken prüfen kann...)

3. Selbst wenn wir schuld wären, wir können es ja aufgrund von Umzug der Schafe nicht nochmal machen.

Da kann man sich wirklich nur an den Kopf fassen.... :evil:
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Re: Klage beim VG Stuttgart wg. korrekter Anbringung von Ohrmarken

Beitrag von Henry »

Die Beklagte eiert zwar ganz schön rum, aber jetzt wird es trotzdem notwendig erstmal das Feststellungsinteresse deutlich zu unterstreichen und zu begründen, denn sonst geht das Gericht den einfachen Weg der Abweisung (und legt sich wieder hin).

Das Feststellungsinteresse kann durchaus damit begründet werden, daß Schadenersatzansprüche gegen die Beklagte in Folge kostensparend außergerichtlich durchgesetzt werden sollen, wenn das Gericht die Feststellung getroffen hat, daß die Kennzeichnung im Rahmen der Ersatzvornahme weder ordnungsgemäß noch abschließend durchgeführt wurde. Damit würden dann auch die Kosten der Ersatzvornahme mit dem Pflegeaufwand (Spülung der Ohrwunde, mehrfaches Suchen der ausgefallenen Ohrmarke auf der Wiese ...) gegengerechnet werden. Im Sächsischen Kostenrecht, darf die Behörde keine Kosten verlangen, wenn ihr Einsatz nicht gerechtfertigt oder/und nicht erfolgreich war, und sie selbst die Erfolglosigkeit zu vertreten hat.

Pozeßtaktisch sinnvoll wäre es, bei der DLG eine Stellungnahme abzufordern, die die Unzerbrechlichkeit von eben diesen Ohrmarkenrückteilen unterstreicht und in Zweifel zu ziehen, daß die Beklagte überhaupt ein geeignetes Rückteil mitgeführt und verwendet hat. Es wäre ein Beweisantrag zu stellen, daß es unmöglich ist, mit einer zur Ohrmarke passenden Zange überhaupt ein Ohrmarkenrückteil zu zerbrechen. Der Hersteller wird das gerne demonstrieren. Zudem wäre jedes typgleiche Ohrmarkenrückteil (wenn unbeschriftet) geeignet gewesen, ein vermeintlich Zerbrochenes zu ersetzen. Auf jeden Fall ist in Zweifel zu ziehen, daß die Beklagte selbst in der Lage war die Ersatzvornahme in eigener Qualifikation und ausreichender Erfahrung durchzuführen.

Warum eine Umkennzeichnung notwendig ist, wenn die Erstkennzeichnung mißlingt und nicht einfach eine erneute Erstkennzeichnung erfolgen kann ist unklar. Hatten die schon Boli? Wenn ja, lagen zu den Boli auch die Marken vor?

Zum Entfernen einer Ohrmarke bedarf es keiner Zange. Ein Messer ist dazu ausreichend. Oder es sind zwei Zangen und enorme Kraft notwendig, die Marke zu zerreißen. Wenn die Beklagte vorträgt, daß es einer Zange bedürfe, eine Marke zu entfernen, unterstreicht das nur das Fehlen praktischer Erfahrung. Mit einer Zange läßt sich eine Ohrmarke nicht verletzungsfrei entfernen, so sie mit verschlossenem Rückteil versehen ist. Die Hersteller müssen eben diesen Test mit dem Herausreißen im Prüflabor der DLG durchführen, um die Zulassung der Marken zu erhalten. Wenn die Beklagte also davon ausgeht, daß die von ihr gesetzte Ohrmarke mit einer Zange zu entfernen sei, dann dokumentiert sie damit, daß sie die Ohrmarke in einer Weise angebracht hat, die den Zulassungsbedingungen widerspricht. (und diese Argumentation stammt nicht von der Klägerin, sondern ist Vortrag der Beklagten und damit ganz unstrittig) Die ausgeschlossene zerstörungsfreie Entfernbarkeit ist explizit Zulassungsvoraussetzung und hier gerade nicht gegeben. Auch ist eine ohne Rückteil verschlossene Ohrmarke eben nicht verriegelt. (ganz unabhängig vom entzündeten Ohr) Sie gleicht einer neuen und kann jedem anderen Schaf eingezogen werden. Das widerspricht der tierindividuellen Kennzeichnung. Auch daß die Ohrmarke nicht verschlossen ist, hat die Beklagte unstreitig gestellt. Sie selbst hätte/hat unverschlossene entfernbare Kennzeichen (Ohrmarken im Kunststoffbeutel am Halsband, verriegelte Ohrmarken im Halsband ect.) gerade nicht geduldet, weil das Anbringen am Ohr und nicht das Anhängen ans Ohr vorgeschrieben ist.

(genaugenommen heißt es: VO EU 21/2004 "an einem Ohr anzubringenden Ohrmarke aus beständigem fälschungssicherem Werkstoff
mit einer Beschriftung, die während der gesamten Lebenszeit des Tieres gut leserlich bleibt, und ist so konzipiert, dass sie am Tier befestigt
bleibt, ohne dass es darunter leidet.
Sie ist nicht wieder verwendbar und die darauf eingestanzten Angaben gemäß Nummer 2 müssen unauslöschlich sein." Das Ohr ist nicht näher bestimmt. Ob wohl Ohrmarken in einem getrockneten Schweineohr einem Schaf an einem Kabelbinder um den Hals gehängt die Bedingungen erfüllen ??? 8-) )


Viel wichtiger erscheint mir noch, daß Tätowierung und Bolus inzwischen in BW gestattet sind und die Behörde auch im Interesse der Klägerin hätte Tätowieren sollen. Allerdings ist der Klageantrag so eng gefaßt, daß das hier unerheblich sein dürfte. Aber bemerkenswert ist es doch!
Henry
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Re: Klage beim VG Stuttgart wg. korrekter Anbringung von Ohrmarken

Beitrag von Henry »

... ich habe mir meine Ohrmarkenzange angesehen (Caisley): Wenn dort eine Ohrmarke eingepreßt wird und es wird kein Rückteil eingelegt, fehlt die Scherwirkung die zwischen Dornspitze und Loch auftritt und den eigentlichen kreisrunden Gewebedefekt aus dem Ohr quetscht und stanzt. Das Loch in der Halterung des Lochteils ist wesentlich größer. Es kommt dann zu einer U-förmigen Quetschung, in die die Dornspitze einplatzt. Es tritt also kein Gewebeverlust auf, der größer als der Dorn ist, sondern der Dorn wird direkt vom Gewebe wieder umschlossen.

Die Quetschung - die beim richtigen Einziehen auf dem Rand des Lochteils gewünscht ist (Blutstillung, kreisrunder Defekt, zukünftige Rotation des Dorns im Loch) - sieht nach der Verwendung der Zange ohne eingelegtes Lochteil flächig aus und führt je nach Durchbiegung des Knorpels bis ihn die Spitze endlich durchdringt zu einer Ablösung des Gewebes vom Knorpel mit der Folge eines Seroms, Infektion, Nekrose ...

Es wäre mein Interesse nachzuweisen, daß kein Lochteil in der Zange war.
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Re: Klage beim VG Stuttgart wg. korrekter Anbringung von Ohrmarken

Beitrag von meine_Landliebe »

Letzte Woche rief ich beim Verwaltungsgericht an, um den Sachstand zu erfragen, bzw. um in Erfahrung zu bringen, wann mit einer Entscheidung (Urteil oder Beschluss) zu rechnen ist.

Eine schnellere Entscheidung könnte dadurch herbeigeführt werden, wenn ich der Gerichtsentscheidung durch den Einzelrichter zustimmen würde und nicht, wie beantragt, die Entscheidung durch die Kammer (3 Berufsrichter und 2 ehrenamtliche Richter) anstrebe.

Baden-Württemberg ist zwar nur ein kleiner politischer Raum, aber solange dessen Behörden in aller Geschlossenheit feststellen, dass bei der ordnungsgemäßen Tierkennzeichnung nach den Vorschriften der ViehVerkV auch auf das verschliessende Lochteil verzichtet werden darf, solange haben wir steten Klärungsbedarf, finde ich.

Aufgrund der Tragweite wünsche ich ausdrücklich, dass sich mehrere Richter mit diesem Thema auseinander setzen und hoffe, dass mein Themenbeitrag hier nicht geschlossen wird, damit ich den Ausgang mitteilen kann.

In jedem Falle sende ich Interessierten natürlich auch gerne meine Klageschrift (5,7 MB) und die Verkündung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung per Mail zu. Dann bitte einfach Euere Mailadresse über PN mitteilen.

Schöne Grüße von mir
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Re: Klage beim VG Stuttgart wg. korrekter Anbringung von Ohrmarken

Beitrag von Henry »

Das ist gut, daß Du nicht Klein bei gibst und Dich einer öffentlichen Verhandlung stellen willst. Nur so wird der Druck sichtbar.

Ein Tipp: Trainiere den Verhandlungsablauf vorher, indem Du die öffentlichen Termine der für Deinen Prozeß zuständigen Richter in den Wochen vor Deinem Termin besuchst und gib Dich ihnen als Person, die aufgeregt ist, weil sie demnächst in eigener Sache vor ihnen stehen wird und ihren Schutz braucht zu erkennen. Da Verwaltungsverfahren cheyslangweilig sind (außer die eigenen :rofl: ) wirst Du als Gast in der Verhandlung gefragt werden, wer Du bist und was Du willst. Außer Dir werden, aus meiner Erfahrung, nämlich keine anderen Besucher da sein.
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Re: Klage beim VG Stuttgart wg. korrekter Anbringung von Ohrmarken

Beitrag von meine_Landliebe »

Das Verwaltungsgericht Stuttgart ist nach eigenen Angaben (Stichwort: Asylberfahren) so überlastet, dass meine Klageeinreichung immer noch unbearbeitet im Stapel liegt.
Man teilte mir aber mit, dass ich gegen einen Aufpreis zu meinem letztjährig entrichteten Verfahrensvorschuss einen Eilantrag zur Entscheidung stellen könnte.
Denn dann könnte es möglicherweise vielleicht eventuell etwas schneller gehen.
Wenngleich auch im Falle eines solchen Eilverfahrens kein näherer Beschlusszeitraum konkretisiert werden konnte, werde ich dieses Eilverfahren nächste Woche eröffnen, um endlich in der langjährigen Auseinandersetzung rechtsverbindliche Klarheit durch das VG oder im Zuge der Weiterleitung meiner Klage an den EUGH zu erlangen.

Soviel erst mal als Zwischeninfo zum Stand der Dinge.

Schöne Grüsse von mir
schafbauer
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Re: Klage beim VG Stuttgart wg. korrekter Anbringung von Ohrmarken

Beitrag von schafbauer »

Überall der absolute Wahnsinn in den Ämtern :schnee:
"Nur was man gerne macht, macht man auch gut." :schaf2:
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