Gelenkentzündung, Arthritis

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lavardos
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Gelenkentzündung, Arthritis

Beitrag von lavardos »

Hallo in die Runde,

ich habe ein am 20.11.2018 geborenes Einzellamm, welches fit und munter auf die Welt kam und soweit alles in Ordnung war.
Nach knapp 4 Wochen fing es hinten links an zu humpeln, worauf ich es mit der Mutter separierte und untersuchen konnte. Das Sprunggelenk war etwas dick, es hatte minimal erhöhte Temperatur.

Ich ließ die Tierärtzin (14.12.18) kommen, die eine Gelenkentzündung diagnostizierte. Sie untersuchte auch den Nabel (war auch mein erster Gedanke), um eine mögliche Eintrittspforte für die Bakterien zu finden. Der Nabel war jedoch unauffällig. (Ich habe in meinem Bestand auch noch nie Probleme mit Nabelinfektionen gehabt)

Darauf folgte die Behandlung mit Baxyl LA und Inflacam. Es wurde zwar zunächst leicht besser (ca. 1 Woche nach der Behandlung), jedoch nach einer weiteren Woche war es wieder wie vorher. Nun war vor allem das Vorderknie rechts betroffen.

Am 29.12.18 kam dann die Tierärztin erneut und behandelte nun mit Naxcel und Tolfedol. Leider schlug diese Behandlung dann gar nicht an.

Das Lamm hat immer noch ein sehr dickes Vorderknie und auch vermutlich entsprechende Schmerzen. Durch Schonhaltung steht und geht es nun auch hinten links auf der Hinterzehe entsprechend "schief".

Meine Überlegungen tendieren schon aufgrund der sicherlich vorhandenen Schmerzen zur Euthanasie.

Habt ihr Erfahrungen und/oder weitere Behandlungsideen, um diese für das Lamm endgültige Lösung noch abzuwenden?

Kann es evtl. auch möglich sein, dass diese Infektion mit zunehmendem Wachstum und zunehmender Zeit noch durch "Selbstheilungskräfte" verschwindet?

Für jede Antwort, jede Idee und jeden Erfahrungsbericht bin ich sehr dankbar.
Zuletzt geändert von lavardos am Do 10. Jan 2019, 09:06, insgesamt 1-mal geändert.
Gelöscht001

Re: Gelenkentzündung, Arthritis

Beitrag von Gelöscht001 »

Hallo,

ich hatte mal ein Flaschenlamm (ist jetzt gross), das lahmte an einem Vorderbein.

Es bekam über zwei Wochen Antibiotika, weil Erreger über den Nabel eingedrungen waren.

War auch dann weg.

Vielleicht nicht dss richtige Antibiotka?

Grüsse
Gelöscht001
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Henry
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Re: Gelenkentzündung, Arthritis

Beitrag von Henry »

Wir haben Erfahrung mit Polyarthritiden. Alle Schafe sind vollständig genesen und es blueben keine Gangauffälligkeiten zurück. Entscheidend ist es, die Krankheit zu verstehen und dann auch zu erkennen, warum die Behandlung nicht gewirkt hat.

Der Nabel ist die Eintrittspforte. Dort erfolgt eine Heilung wegen der guten Versorgung mit Antikörpern über das Blut und der anatomischen Gegebenheit Abszesse zu bilden und die Infektion abzukapseln oft unbemerkt. Ein Teil der Keime wird jedoch über Körperfrüssigkeitsströme in andere geeignete Gewebe geschwemmt. Dieser Transport und die Ansiedelung brauchen Zeit. Der Nabel ist dann vielleicht - zumindest auf den ersten Blick - schon wieder unauffällig.

Im Gelenk liegen für die Körperabwehr fatale Verhältnisse vor. Keine Blutversorgung, unduchbluteter Knorpel, Anschluß an Knochen, zerklüftete Strukturen, funktionell notwendige Kapsel. Dort kommt ein Antibiotikum wie das bei Dir eingesetzte Oxytetrazyklin erst an, wenn lange Zeit im Rest des Körpers eine hohe - höher als im Gelenk notwendige - Konzentration aufrecht erhalten wird. Folglich sind Einmalapplikationen bei Gelek- oder Knochenbeteiligung unsinnig, sondern kontraproduktiv, weil sie in Verbindung mit Entzündungshemmern - wie hier - gegeben, dem Immunsystem vorspielen: alles OK, keine Bakterien angetroffen. Dabei feiern die im Gelenk.

Bei uns immer geholfen haben rechtzeitige intraartikuläre Gaben von Cefalosporinen - also knochengängigen Antibiotika. Da wird der TA womöglich Zulassungsprobleme aufwerfen, aber das ist dem Lamm egal. Bei der Injektion in den Gelenkspalt wird erst durch die Kanüle infizierre Synovia aspiriert und fürs Labor aufgehoben. Gesunde Synovia ist klar und nur leicht schleimig, wie verdünntes Gleitgel. Infizierte von trübe weiß über gelb bis blutig, flockig, eitrig. Nach der Probenahme, wird das Gelenk mit Spüllösung gefüllt und durch die Kanüle ablaufen lassen, bis die Spüllösung klar wird. Die Spüllösung beinhaltet NaCl und ein Lokalanästhetikum - schließlich dehnen wir ein Gelenk (siehe Judo). Mit der Spülspritze wird vorsichtig abgesaugt - um Platz zu schafen.?Anschließend erfolgt die Gabe der AB-Dosis zu 1/3 direkt in das Gelenk und die Kanüle wird entfernt und Daumendruck auf die Injektionsstelle ausgeübt. Mit anderer Kanüle wird das restliche AB ins System gegeben.

Diese Maßnahme ist täglich 2 Mal zu wiederholen, solange das Gelenk wieder anschwillt. Unter Ceftriaxon erfahrungsgemäß regelmäßig 2 bis 3 Mal bei sofortiger Intervention und geringer Knorpelauflösung.

Die systemische Antibiose wird mindesten 10 Tage fortgesetzt ohne dabei die Wirkspiegel absinken zu lassen. (Sonst besiedeln die Keine durch die Hintertür Gebiete mit niedriger AB-Konzentration, also andere Gelenke, Dein Fall)

Als Schmerzmittel empfehle ich ausdrücklich Metacam UND ein Opioid z.B. Fentanyl. Die Schmerzfreiheit senkt die Bewegungshemmung und Versteifungsneigung im Gelenk und ist gut für Deine Seele.

Dr. Kerner ist die Alternative. Polyartritiden führen ansonsten immer zu Gelenknekrose, schmerzhaftem langem Sichtum und Tod durch Verhungern oder Blutvergiftung.
Henry
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Re: Gelenkentzündung, Arthritis

Beitrag von Stockmann »

Bei Pferden nennt man ein sehr ähnliches Phänomen Spätlähme weil, wie Henry schreibt, der Nabel längst abgeheilt ist wenn die Symptome klinisch sichtbar werden. Ich hatte ein sehr, sehr wertvolles Fohlen efund das wir ein Jahr lang mit versch. Antibiotika unter Einschaltung der TiH Hannover täglich behandelt haben. Mal ging es besser, mal weniger gut. Nach einem Jahr zeigten die xrays dass der Knochen trotz Antibiose so stark angefressen war, dass eine wirkliche Besserung ausgeschlossen werden musste. Ich habe dann die Abfohlbox sehr sorgfältig desinfiziert da die Gefahr des Eindringens dieser Bakterien über den Nabel gerade in der ersten Stunde sehr hoch sein soll.
Fleisch ist ein Stück Lebenskraft.

Nolana: Schafe der Vernunft.
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Re: Gelenkentzündung, Arthritis

Beitrag von lavardos »

Vielen Dank für eure Antworten.

Die Erfolgsaussichten sind - wie ich vermutet habe - in einem sehr überschaubaren Bereich.

Zudem musste meine Tierärztin personalbedingt zum 31.12.2018 die Nutzviehbetreuung aufgeben, so dass ich mich (gerade jetzt :-( ) erst nach einem neuen und für kleine Wiederkäuer geeignetem Tierarzt umschauen muss.

Ich werde in diesem Fall daher aller Voraussicht nach Dr. Kerner bemühen müssen.

Falls sich jedoch jemand berufen fühlt, diesem wirklich wunderschönem Lamm die notwendige medizinische Betreuung zukommen zu lassen und einen Versuch starten möchte, dieses jetzt 6 Wochen alte Lamm aufzupäppeln, so gebe ich es gerne in gute Hände ab.

Die- oder derjenige sollte es dann spätestens am Samstag abholen, besser heute oder morgen.

Meine Kontaktdaten findet ihr unter www.braunes-haarschaf.de

Gruß
lavardos
Gelöscht001

Re: Gelenkentzündung, Arthritis

Beitrag von Gelöscht001 »

Hoffe ja sehr, dass sich jemand findet.
Gelöscht001

Re: Gelenkentzündung, Arthritis

Beitrag von Gelöscht001 »

Mein Tierarzt sagte damals, man nennt das auch Lämmerlähme.

Der Kleine war damals keine 10 Tage alt und hat alle 2 Tage Antibiotika bekommen über 2 Wochen.

Da ist nichts zurückgeblieben.
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Henry
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Re: Gelenkentzündung, Arthritis

Beitrag von Henry »

lavardos hat geschrieben:Ich werde in diesem Fall daher aller Voraussicht nach Dr. Kerner bemühen müssen.
Das mußt Du nicht und Du brauchst auch keinen SchafTA dafür. Du brauchst ein paar 0.9er Kanülen, paar Spritzen und die wenigen folgenden Medikamente: Metacam, NaCl 9%, ein geeignetes Antibiotikum, Lidocain und (wenn möglich) Fentanyl. Das 6-Wochen-Lamm ist problemlos auf dem Beifahrersitz in eine Kleintierpraxis zu fahren, wenn dort die Erstbehandlung erfolgen soll oder sich der TA wegen Betäubungsmittelabgabe oder AB pissig hat. Die Folgebehandlung kriegst Du ganz alleine hin und der TA spielt Dir das Antibiogramm aus der Gelenkflüssigkeit in den Lauf und ändert eventuell das AB.

Du kriegst das hin! Die Fütterung und Liebe übernimmt die Mutti (frag' sie mal) Du kümmerst Dich nur um die Behandlung der Infektion. Und komm' mir nicht mit Bio, Anwendungsverbot und Wartefrist, da bist Du sowieso drin. Also auf! Fahr das Kleine zu einem Tierarztapotheker und freu' Dich an seiner Schmerzfreiheit. Du bist sein Schäfer. Diese Verantwortung ist unteilbar und das Lamm hat nur Dich.
Henry
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Gelöscht001

Re: Gelenkentzündung, Arthritis

Beitrag von Gelöscht001 »

Ja, was Henry schreibt ist sehr vernünftig.

Warum Dr. Kerner, wenn es auch anders geht.
Hab meinen Kleinen einfach ins Auto gepackt und ab zum Tierarzt.

Alternativ kannst Du ja auch Muttertier und Lamm einpacken und in die Klinik Giessen bringen und dann holst Du sie wieder ab.

Denk doch auch mal an das Mutterschaf. Sie wird ihr Lamm suchen. Andersherum, wenn Du das Lamm weggibst, ist das zusätzlicher Stress für das Lamm, weil es die Mutter sucht.





Grüsse
Gelöscht001
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Re: Gelenkentzündung, Arthritis

Beitrag von peter e. »

wenn das genannte Baxyl konsequent 5 Tage gegeben wird, sollte das an und für sich reichen, eine Gabe VitE-Selen unterstützt und hilft auch.
Die Behandlung nach Henry ist zwar zielführend, aber ....
peter e.

Auch dem Schwächsten ist ein Stachel gegeben -
sich zu wehren.

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