Schafe werden die Würmer nicht los

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Henry
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Re: Schafe werden die Würmer nicht los

Beitrag von Henry »

Fröschchen hat geschrieben:2. Was sind D.M.n. drastischste Parasitosen?
Erkrankungen, die durch Parasiten verursacht sind und Symptome haben, die sich in irgendeiner negativen Weise auswirken. Wird die Behandlung dieser Parasiten vorgenommen, ergeben sich oft Reduktionen bei Parasiten, die keine drastischen Symtome verursachen. Beispiel: Schaf hat Symptome: Husten, grauen stinkenden Durchfall, Nasenausfluß einseitig, Niesreiz, Scheuerstellen um die Ohren, Zecken ums Euter. Erscheint insgesamt morbide und kachektisch. Kotprobe bringt geringradig Kokzidien, massiv Lungenwürmer, wenige MDS und paar Cestodeneier. Wenn die Behandlung jetzt auf die Symptome des Durchfall abstellt, erfolgt sie rein symptomatisch und bleibt wirkungslos. Erfolgt eine Behandlung gegen die Lungenwürmer zum Beispiel durch Ivermectin, weil die Lungenwürmer als die sicher nachgewiesene Parasitose gilt, werden die MDS im Labmagen, die Zecken auf der Haut und die Flöhe und Milben um die Ohren mit beseitigt und sogar die Dassellarven abgetötet, die in der Nase wohnen. Damit verringert sich ganz nebenbei auch die Entzündungsreaktion im Darmund der kann sich besser gegen die Kokzidien wehren. Eine Therapie mit Flüssigkeitsinfusion (Elektrolytglucose/Ringer/...) kann die Folgen des Durchfalls mildern und das Schaf in Richtung normalem Stoffwechsel schieben. Später erfolgt dann ...
Fröschchen hat geschrieben:3. Wofür/ wie erneuten Kot (Rektal-... kann man sich sparen, denn woher soll der denn sonst kommen??)
Die Nachkontrolle ist als Wirknachweis notwendig und dafür, keine weiteren Parasitosen außerhalb des Wirkspektums oder im Resistenzfall zu übersehen. Die Entnahme der Kotprobe aus dem Anus ist der diagnostisch saubere Weg. Wer Kotproben selber durchführt kennt die Probleme bei schon geringsten Beimischungen von Erdeund Pflanzenfasern und das Problem der angetrockneten Kötteloberfläche. Zudem reagierne Wanderlarven auf den Impuls des Ausscheidens aus dem Darm mit Entwicklung (deshalb im darmähnlichen Gummihandschuh bergen und transportieren und nicht im Weckglas) Im Kot bleiben dann nur die leeren Eihüllen zurück, die kaum zu finden nicht differenzierbar sind. Gerade bei Durchfall ist ein Bergen vom Boden immer mit Kontamination verbunden, die dann zu Fehldeutungen führen kann. (Umgebungsheustaub wird als unverdaut gedeutet)
Henry
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Fröschchen
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Re: Schafe werden die Würmer nicht los

Beitrag von Fröschchen »

Danke für die ausführlichen Ausführungen.
Weißt ganz schön ville.
LG
Um ein tadelloses Mitglied einer Schafherde sein zu können, muß man vor allem ein Schaf sein. (Albert Einstein)
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Grete
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Re: Schafe werden die Würmer nicht los

Beitrag von Grete »

Danke auch von mir an Henry. Deine Ausführungen sind wirklich sehr informativ.
viele Grüße,
Grete
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Grete
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Re: Schafe werden die Würmer nicht los

Beitrag von Grete »

Da mich das Thema nicht in Ruhe lässt habe ich etwas Google bemüht. Dabei bin ich auf eine pdf gestoßen von dem Institut für ökologischen Landbau der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft und dem Institut für Parasitologie der Tierärztlichen Hochschule Hannover. Da heißt es in einem Absatz:

"Die Empfehlung, die Weide nach erfolgter Wurmkur zu wechseln („dose and move“Strategie), fördert diejenigen Parasiten, die trotz Wurmkur überlebt haben – denn für sie gibt es keine Konkurrenz mehr. Die neue Weide wird also hauptsächlich mit resistenten Würmern verschmutzt. Dieses
Verfahren fördert daher die resistenten Parasiten, vermindert aber die Wurmbelastung im Tier. Hier muß genau überlegt werden, ob die Weide im nächsten Jahr vielleicht nur gemäht werden sollte."

Was heißt denn...dieses Verfahren (?) förder die resistenten Parasiten? Steh ich grad auf dem Schlauch oder schlussfolgert man daraus das man die Weide nicht (?) wechseln sollte? Ich versteh das grad leider nicht wirklich. :eek:
viele Grüße,
Grete
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Henry
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Re: Schafe werden die Würmer nicht los

Beitrag von Henry »

Denk mal mit, bitte.

Früher, als ein Wurmmittel alle Würmer abtötete, ging man davon aus, und so war es auch, daß die Schafe sauber auf eine saubere Weide kamen und dort lange Zeit auch wurmfrei blieben. Das funktionierte gut. Und funktioniert auch heute, mit neu entwickelten Wurmmitteln. Damals kannte man Resistenz noch nicht.

Es passierte im Laufe der Zeit, daß unkontrolliert plötzlich ein paar Würmer das vielleicht zu niedrig dosierte Wurmmittel überlebten. Nur die wurden jetzt auf die neue saubere Weide verschleppt. Allerfings bemerkte das niemand, denn es waren nur wenige und alle andern Würmer hatte das Wurmmittel ja abgetötet. Auf der neuen Weide - alle waren sicher, die wäre saubef und wurmfrei - entwickelten sich diese resitenten Würmer und führten unbemerkt zu massiven Eiauscheidung. Aber den allermeisten Schafen ging es gut. Die hatten ja fast nur nichtresistente Würmer gehabt.

Im nächsten Jahr nun wird wieder standardmäßig entwurmt. Und wieder wird nicht kontrolliert und wieder kommen die Schafe auf die "saubere" Weide. Jetzt allerdings gibt es fast nur noch resistente Würmer die auch nur resistente Partner und keine Konkurrenz mehr haben, denn die letzte Nichtresistenten hat die Wurmkur gekillt. Die Würmer entwickeln sich prächtig - die Schafe nicht. Keiner weiß warum ind es wird erneut entwurmt mit vielleicht erhöhter Dosis. Das hilft zum Glück, denn jetzt überleben nur die reinrassig resistenten. Das Wurmmittel und der Schäfer bzw. TA haben ganze Arbeit geleistet. Es gibt nur noch resistente Würmer die sich nur noch mit resistenten "paaren" können und das Wurmmittel ist völlig wirkungslos dagegen. Es ist verbraucht und kann nie wieder eingesetzt werden. Bald niergendeo mehr auf der Welt. Es ist verbrannt.
Henry
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Grete
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Re: Schafe werden die Würmer nicht los

Beitrag von Grete »

Danke für den Input. Kam leider erst jetzt dazu es zu lesen. Meine Gedanken dazu schreibe ich die Tage mal nieder.
viele Grüße,
Grete
Manfred
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Re: Schafe werden die Würmer nicht los

Beitrag von Manfred »

Henry hat geschrieben:Es gibt nur noch resistente Würmer die sich nur noch mit resistenten "paaren" können und das Wurmmittel ist völlig wirkungslos dagegen. Es ist verbraucht und kann nie wieder eingesetzt werden. Bald niergendeo mehr auf der Welt. Es ist verbrannt.
Bei Pflanzenschutzmitteln hat sich gezeigt, dass sich die nicht resistenten Unkräuter in der Population bald wieder durchsetzen, sobald der Einsatz des jeweiligen PSM gestoppt wird. Nach längerem, konsequentem Aussetzen kann es dann wieder genutzt werden.
Nach meiner Vermutung wird es aber nicht mehr so lange wirken wie vorher, weil die Resistenzgene in der Population ja trotzdem vorhanden bleiben.

Das einzige, was gegen Parasiten auf Dauer wirklich hilft ist die Selektion auf Resistenz in Kombination mit einem halbwegs vernünftigen Weidemanagement. So hat die Evolution das von Anfang an gelöst.
Alles andere is herumdoktern an Symptomen. Das hilft eine Zeit lang, die Symptome zu unterdrücken, verschlimmert das Problem aber auf die Dauer nur, wenn die gewonnene Zeit nicht konsequent genutzt wird um die Ursachen zu beheben.
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Henry
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Re: Schafe werden die Würmer nicht los

Beitrag von Henry »

Das sehe ich ähnlich. Die erneute Anwendung von Mitteln gegen die Resistenzen bekannt sind muß daher gut überwacht werden.
Henry
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Grete
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Re: Schafe werden die Würmer nicht los

Beitrag von Grete »

Sorry, aber ich hatte mit unseren Rindern zu tun und kam nicht mehr dazu hier zu lesen. Der Stier wollte auch mal endlich zu seinen Mädels. :engel1:

Sollte man also wenn die Schafe entwurmt worden sind und auf eine neue Weide kommen, dann dort den Schafen erneut eine Kotprobe entnehmen und untersuchen lassen? Findet man dort weiterhin "aktive" Würmer sind diese also resistent gegen das gegebene Mittel? Irgendwie habe ich das Gefühl mich vollends blöde anzustellen was das Thema anbelangt. :eek: Wahrscheinlich lese ich zu viele verschiedene Sachen und kombinier das einfach nicht richtig von Grund auf.

Von unseren 16 Schafen hat nur noch eins Durchfall. Das bekommt jetzt auch Pansenstimulans. Ansonsten hat Heu und Wasser im Stall geholfen, sowie das Pansenmittel. Tausend Dank nochmal für den Tipp. War der einzige der wirklich geholfen hat.
viele Grüße,
Grete
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Babs
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Re: Schafe werden die Würmer nicht los

Beitrag von Babs »

Die Schafe sollten nach der Entwurmung nicht direkt auf eine neue Weide.

Eine Erfolgskontrolle der Entwurmung durch eine erneute Kotprobe nach ca. 14 Tagen ist sinnvoll.

Schau mal hier:
"Ein Weidewechsel nach der Entwurmung sollte daher unterbleiben und die Tiere sollten zur Behandlung auch nicht aufgestallt werden, damit sich auf einer anfangs sauberen Weide keine einheitlich resistente Population anreichert. Ziel ist, das Schaf mit einer Mischinfektion aus unempfindlichen und empfindlichen Würmern zu konfrontieren, so dass der Organismus über eine Konkurrenzsituation der beiden unterschiedlich sensiblen parasitären Stadien künftig therapierbar bleibt und man überhaupt noch die Chance hat, auf den Gesundheitsstatus des belasteten Schafes positiv einzuwirken. "
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