Entwurmung Lämmer

sharido
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Entwurmung Lämmer

Beitrag von sharido »

Hallo!

Ich mal wieder mit einer Frage :engel1:

In welchem Alter Entwurmt ist erstmals eure Lämmer und wogegen? Habe schon so unterschiedliche Varianten gehört..
Bis jetzt habe ich es so gehalten, dass meine Lämmer im Alter von 4 Wochen mit Cydectin +Cestocur behandelt worden sind. Ohne vorherige Kotprobe. Ein paar Tage später dann auch Baycox.
Die nächste Entwurmung habe ich dann 4 Monaten danach gemacht.
Die Mütter habe ich dann immer zeitgleich mit entwurmt. Macht ihr das auch so?

Und gleich noch eine Frage wegen der Lamm-Behandlung. Bald steht ja auch das Scheren an. Meine erwachsenen Herrschaften werden dann mit Botox behandelt, bevor es ab in die Naturschutzgebiete geht. Den Lämmern habe ich das dann auch immer mit drauf gemacht.
Scheint mir aber doch etwas viel Chemie auf einmal... oder ist das ok für die Lämmer, wenn´s einmalig diese recht kurzen Abstände sind?

Freu mich auf Antworten :freuin:
sharido
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Re: Entwurmung Lämmer

Beitrag von sharido »

*schubs* :)
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Codys-Hunter
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Re: Entwurmung Lämmer

Beitrag von Codys-Hunter »

beim entwurmen gehe ich mit plus minus ein paar tage. ich schaue immer wie gut sie zurecht sind...
gegen zecken usw mache ich nichts meine sind auch im Naturschutzgebiet tätig, bisher war das so ok
vg anke

ICH BIN NICHTS FÜR SCHWACHE NERVEN :duck:
sharido
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Re: Entwurmung Lämmer

Beitrag von sharido »

Danke, für deine Antwort, Codys-Hunter :)
Das älteste Lamm ist jetzt ca 5 Wochen alt
Mein jüngstes Lamm ist jetzt etwas älter als eine Woche, aber dafür sehr gut dabei. Mein ursprünglicher Plan war, alle gemeinsam in einer Aktion mit den Müttern zu entwurmen.
Etwas früh für das Kleinste...
Also doch getrennt nach Alter entwurmen, oder gehen doch alle zusammen?
Annegret
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Re: Entwurmung Lämmer

Beitrag von Annegret »

Hi,

Ziel der Entwurmung ist, den Wirt im Gleichgewicht mit seinem Parasiten zu halten und nicht totale
Wurmfreiheit oder Resistenz der Würmer gegen sämtliche Wurmkur-Wirkstoffe.

Cestocur macht mit 4 Wochen Alter keinen Sinn. Die Entwicklungszeit von Bandwürmern beträgt unter
optimalen Bedingungen ca. 5 Wochen. Zur Infektion mit Bandwürmern müssen die Lämmer Finnen mit
dem Zwischenwirt aufnehmen, dazu müssen sie Gras fressen auf dem der Zwischenwirt lebt. Das tun
sie in diesem Alter etwa seit 2 Wochen. Also gibt es frühestens im Alter von 7 Wochen Bandwürmer.

Bandwurmkur macht daher frühestens im Alter von 8 Wochen Sinn.

Rundwürmer werden bereits im Mutterleib an den Föten weitergegeben. Hier könnte es in einem total
verseuchten Bestand Sinn machen früh zu entwurmen.

In der Regel machen Rundwürmer bei mir Probleme, wenn die Lämmer so um die 4 Monate alt sind. Zu
diesem Zeitpunkt ist es dann sinnvoll zu entwurmen, wobei ich Lämmer und MS, die in bestem Zustand
sind und einen sauberen Hintern haben, nicht entwurme.

Regelmäßige Wurmkuren führen nur zu einer lupenrein resistenten Wurmpopulation und dazu, dass das
Immunsystem der Schafe sich nicht mit den Parasiten auseinandersetzt und sie somit anfälliger gegen
die Auswirkungen einer Wurminfektion macht als nötig.

Wenn ich die Kosten von Cydectin und Cestocur bedenke, kommt die Untersuchung von ein paar
Sammelkotproben- Lämmer mit verschmiertem Hintern,
- Lämmer ohne verschmierten Hintern und
- dasselbe nochmals von den Mutterschafen
bedeutend billiger und ist vor Allem sinnvoller.

Dazu noch ein pfiffiges Weidemanagement. Das ist für alle Beteiligten besser.

Gruß

Annegret
sharido
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Re: Entwurmung Lämmer

Beitrag von sharido »

Danke, Annegret für deine Antwort!
Ich werde es in dieser Lammzeit mit dem Entwurmen wohl auch später angehen...
Lämmer und Mütter sind alle fit und gesund und vor allem nicht versch.....
Sollte sowas auftreten, bin ich natürlich sofort dabei und lasse Kotproben untersuchen.
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Henry
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Re: Entwurmung Lämmer

Beitrag von Henry »

Moin Annegret,
Annegret hat geschrieben:Cestocur macht mit 4 Wochen Alter keinen Sinn. ... Also gibt es frühestens im Alter von 7 Wochen Bandwürmer. ... Bandwurmkur macht daher frühestens im Alter von 8 Wochen Sinn. ... Wenn ich die Kosten von Cydectin und Cestocur bedenke, kommt die Untersuchung von ein paar
Sammelkotproben ... bedeutend billiger und ist vor Allem sinnvoller.
Ich behaupte dagegen und gebe als Anregung:

Kotproben sind nicht sehr signifikant auf Moniezia und vor allem überhaupt erst detektierend, wenn Eier ausgeschieden werden und der Wurm bereits "erwachsen" ist. Daraus folgt, daß der wachsende Bandwurm bzw. die wachsenden Bandwürmer nicht (an Eiern) kannt werden können.

Die Bandwurmlast ist in Lämmern nach Erstinfektion am größten, da dort noch keine Abwehrmechanismen im Darm zur Verfügung stehen.

Die Schadwirkung ist in erstinfizierten Lämmern am größten, da die Würmer stehts gleichgroß, das Lamm aber im Verhältnis kleiner ist.

Die Schadwirkung durch Vitaminenzug wirkt sich besonders schädlich im wachsenden Lamm aus. Die Schadwirkung durch schmerzbedingte Saugunlust ist überhaupt nur bei saugenden Lämmern von Bedeutung.

Der Entwicklungszyklus der Cestoden läßt sich nicht in dem Milben unterbrechen, da sie in ihnen bis zu 18 Monate überleben können und eine Bekämpfung weder sinnvoll noch möglich ist. Wirksam an der Fortflanzung und damit Vervielfachung des Imfektionsdruckes hindern, kann man den Wurm nicht nachdem er schon Eier ausscheidet, sondern bevor er das tut.

Die Schadwirkung geht vom Wurm aus - bereits vom wachsenden, nicht erst vom Eier Ausscheidenden - Folglich ist eine Behandlung mit einem geeigneten Wurmmittel vor der Eiausscheidung auf bloßen Verdacht hin durchaus sinnvoll. Die Immunantwort des Lammes wurde bereits stimuliert und die Neueinfektion bei abnehmendem Infektionsdruck (Zeitablauf) fällt wesentlich geringer aus und ist dann nicht oder nicht so oft behandlungswürdig. Zudem verlangen kleine leichte Lämmer wesentlich weniger Wirkstoff, sparen also rein mengenmäßig Cestocur zu einer Zeit, da Kotproben sinnlos sind.

Oder einfach die Frage: Warum im Lamm erst die Würmer 5 Wochen heranwachsen und das Lamm schädigen lassen, dann darauf warten, daß sie sich auch wirklich vermehren und Eier auscheiden und dann erst behandeln, wenn der Zyklus bereits geschlossen und die Wurmpopulation außerhalb der Schafe ins nächste Jahre gerettet wurde? Warum Lämmer behandeln, die doppelt so schwer sind und doppelt soviel Wirkstoffmenge benötigen?

Eine sehr umfassende aktuelle deutsche Arbeit aus der Praxis zu Bandwürmern findet sich hier http://elib.tiho-hannover.de/dissertati ... p_ss06.pdf
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Re: Entwurmung Lämmer

Beitrag von Fröschchen »

Henry, Du forderst einen aber heftigst: 155 Seiten...!!
Jetzt und heute keinen Drive mehr, trotzdem immer lieb mit Deinen Untermauerungen.
(Teils halt praktikabel grenzwertig, was die Aufnahme eines nicht englisch/arabisch/lateinsprechenden Mitlesers betrifft...)
Um ein tadelloses Mitglied einer Schafherde sein zu können, muß man vor allem ein Schaf sein. (Albert Einstein)
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Re: Entwurmung Lämmer

Beitrag von Annegret »

Hi,

ich möchte keinen Expertenstreit hier austragen. Trotzdem gibt mir die von Henry zitierte Dissertation recht.

Ich habe mir das Ding komplett reingezogen und möchte nur auf den Schlusssatz im Fazit auf Seite 143 hinweisen.
Dieser besagt, dass selbst bei Bandwurmnachweis ohne gesundheitliche Einschränkung des Tieres eine Bandwurm-
Entwurmung nicht sinnvoll ist.


Die Arbeit sagt aus, dass keine signifikanten Unterschiede in der Gewichtsentwicklung der Lämmer vorlagen, egal
ob bandwurmbefallen oder nicht, behandelt oder unbehandelt.

-Bandwürmer sind im Kot aufgrund der periodischen Eiausscheidung schlecht/unsicher nachweisbar.
-Das Bandwurmbefallsrisiko hängt vom Zwischenwirt ab und ist im späten Frühjahr/frühen Sommer am höchsten.
-Eine Reinfektion lässt sich aufgrund der Widerstandsfähigkeit des Zwischenwirtes nicht vermeiden.
-Weidehygiene ist aus denselben Gründen nicht erfolgreich.
-Schafe entwickeln Immunität gegen Bandwürmer. (Lämmer ca. 30% Befall, Altschafe ca. 13%)
-Früheste Behandlung der Frühjahrslämmer 4-8 Wochen nach Weideaustrieb.
-Zu frühe Behandlung ist eher kontraproduktiv, da die Lämmer keine Immunität ausbilden können und bei
Reinfektion dann richtig erkranken. (Man kann die Würmer umbringen, bevor sie Immunität machen)

Mehr zu denken gibt mir der (auf Seite 20/21)vermutete Zusammenhang zwischen unbefriedigender
Gewichtsentwicklung der Lämmer und Clostridieninfektion.D. h. höhere Clostridieninfektionsraten
nach Bandwurmbefall. Hier würde ich eher ansetzen und ab drei Wochen Lebensalter 2 mal im Abstand
von 3-6 Wochen Heptvac impfen, wenn ich Kümmerer hätte.

Ich hoffe etwas Klarheit in die unterschiedichen Behauptungen gebracht zu haben.

Gruß

Annegret
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Henry
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Re: Entwurmung Lämmer

Beitrag von Henry »

Moin,

ich hatte ja bereits "Denkanstoß" über meinen Beitrag geschrieben.

Ich habe sehr lange mit dem Verfasser der Arbeit gesprochen. Ich halte seine Erkenntnisse für in der Situation der untersuchten Betriebe für absolut nachvollziehbar und die zusammengetragenen Informationen für notwendige Grundlagen. Deshalb habe ich die Arbeit schon vor Längerem verlinkt und empfehle sie jedem zur Lektüre. Der Verfasser entwurmt trotz seiner Zusammenfassung gruppenweise.

Es gibt aber auch Arbeiten - aus dem Ausland und insbesondere zum Wirkstoff Praziquantel - die aus ganz ähnlichen Daten ganz andere Schlüsse ziehen, was für mich ebenso nachvollziehbar ist.

Dort wird praktisch in einem festen 8 Wochen Zyklus entwurmt und es ist wahrscheinlich, daß die Lämmer keine Immunität gegen die Cestoden entwickeln. Es werden aber eben auch keinerlei Krankheitszeichen beobachtet, auch nicht vereinzelt, denn es findet keine Wurmvermehrung mehr statt.

Wenn eine Behandlung eine Immunantwort verhindern kann, dann kann sie das nur, weil sie die vorhandenen Würmer abtötet. Gibt es keine Würmer, gäbe es ohnehin keine Immunantwort.

Wartet man auf eine Eiauausscheidung gibt es mit Sicherheit Würmer, wahrscheinlich mehr als mancher einsehen will.

Der Kostenfaktor / Arbeitsaufwand der Entwurmung spielt bei vielen Schafhaltern keine Rolle. Es ist bei Beständen die mit Lämmern die 50 nicht übersteigen kaum sinnvoll, einzelne Tiere aus der Entwurmung zu entlassen und auf deren Resistenz und Lebenshärte zu hoffen. Auch ein sehr altes moribundes Schaf ist ohne Wurmlast fitter.
Henry
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