Geburtshilfe bei der Normallammung?

Benutzeravatar
Steffi
Förderer 2020
Förderer 2020
Beiträge: 1492
Registriert: Do 6. Okt 2016, 16:58
Wohnort: Untertaunus
Schafrasse(n): Walliser Schwarznasenschafe
Kontaktdaten:

Re: Geburtshilfe bei der Normallammung?

Beitrag von Steffi »

Kommt darauf an, wie die Hilfe aussieht. Bei manchen Frauen reicht Händchen halten und Flüche wegstecken, andere brauchen Intensivmedizin...

Und ja, ich helfe einem Schaf, das nicht allein durch die Geburt kommt. Aber auch nur dann. Schaf schafft das ganz allein und für manche ist es auch purer Streß, wenn man als Mensch da noch (zu nah) anwesend ist oder gar rumfurwerkt. Die verhalten dann eher und Mensch ist dann mehr Hindernis als Hilfe. Meine Schafe sind eigentlich alle sehr auf mich fixiert, aber ein paar sind dabei, die wollen unter der Geburt auch einfach in Ruhe gelassen werden. Deshalb separiert Schaf sich i.d.R. ja auch von der Herde. Ich darf dann hinterher gucken, wie die Tanten auch :love:

LG,
Steffi
Sheep happens
Benutzeravatar
Henry
Beiträge: 4439
Registriert: Fr 4. Nov 2016, 10:40
Wohnort: Leipzig
Schafrasse(n): Bluefaced Leicester, Kamerun, Wiltshire Horn, Merino Landschafe, Mules
Herdengröße: 310
Kontaktdaten:

Re: Geburtshilfe bei der Normallammung?

Beitrag von Henry »

Ich will Euch paar Geschichten nicht vorenthalten. Sie enden mit mindestens einem toten Lamm und beginnen mit: „Laß mal alles natürlich laufen!“.
1. Ich komme in den Stall und sehe an einer abends schon separierten Erstlammin die geplatzte Fruchtblase. Ich warte. Wehen sind da. Das Schaf verhält sich normal. Ich stelle den Timer. Nach dessen Ablauf stelle ich verwundert fest, daß in der entwässerten Fruchtblase ein Schwanz aus der Scheide hängt. Becken in Becken. Lamm tot. Mutter sinnlos abgekämpft. Die Zwei danach hole ich. Die kämpften erst auch, sind aber wohl übern Berg. Hätte ich sofort interveniert, hätte ichs Lamm womöglich lebend, auf alle Fälle die Mutter weniger abgekämpft.
2. Ich hole ein Lamm nach Schultersperre und der Halter will ein weiteres Lamm natürlich kommen lassen. Das dauert dann über 45 Minuten, bis ich doch eingreife. Die Mutter nimmt das zweite nun malade Lamm nicht an.
3. Der Schäfer verläßt abends mit: „Die ist ne sehr gute Mutter, die macht das schon“ den Stall, nachdem wir bis spät dort zu tun hatten. Am nächsten Morgen ruft er an: die Mutter starb beim 2. Lamm. 1. Lamm auch tot. Totalverlust.
Henry
der
Schafschützer
Benutzeravatar
Steffi
Förderer 2020
Förderer 2020
Beiträge: 1492
Registriert: Do 6. Okt 2016, 16:58
Wohnort: Untertaunus
Schafrasse(n): Walliser Schwarznasenschafe
Kontaktdaten:

Re: Geburtshilfe bei der Normallammung?

Beitrag von Steffi »

Naja, nach Timer arbeite ich hier nicht und lasse auch die lammende Mutter nicht unbeobachtet, wenn ich es denn mitbekomme. Zur Zeit kontrolliere ich tagsüber ca. alle 3 Stunden (oder bekomme Statusberichte von der Weide von Freunden, die dort spazierengehen), nachts fahre ich 1-2x hoch. Hab aber festgestellt, daß ich sie nachts doch eher störe. Irgendwann muß ich auch schlafen, essen, mich um die anderen Schafe/Tiere kümmern, einkaufen, Essen kochen, das Kind zur Schule bringen, etc. Meist kommen die Lämmer genau in so einer Zeitspanne zur Welt. Das machen die doch mit Absicht! :grr: Und abgekämpft war bei mir bisher noch kein Mutterschaf.

LG,
Steffi
Sheep happens
Heumann
Beiträge: 594
Registriert: Do 13. Okt 2016, 21:57

Re: Geburtshilfe bei der Normallammung?

Beitrag von Heumann »

Tja, für und wieder. Erstmal kommt bei mir jedes Schaf, das Ärger macht, zum Schlachter. Es gibt keine zweite Chance. Wenn ich bei jedem helfen würde, hätte ich nach einem Jahr keine Schafe mehr. Für mich ist das ein absulutes Selektionskriterium. Ich weiß nicht, wie ich ohne das Kriterium arbeiten sollte.

In irgendeinem alten Schafbuch habe ich mal eine Statistik gesehen, die untersucht, ob nächtliche Kontrolle (und damit Hilfe) das Ergebnis verbessert. Heraus kam ein klares Nein.

Ich gucke trotzdem in der Lammzeit auch einmal nachts nach den Pulloverschweinen. Wenn es Zwillinge gibt, rennt eins oft weg und ist dann ausgeschlossen.
grauwoller
Förderer 2019
Förderer 2019
Beiträge: 699
Registriert: Fr 2. Dez 2016, 15:44
Wohnort: Rinteln
Schafrasse(n): Rauhwollige Pommersche Landschafe
Herdbuch
Herdengröße: 50

Re: Geburtshilfe bei der Normallammung?

Beitrag von grauwoller »

tagsüber kontrolliere ich auch engmaschig, bzw. schaue mir alle Kandidaten noch mal genauestens an,bevor ich zur Arbeit fahre. Aber ich habe den Anspruch an meine Schafe,dass sie es alleine hinkriegen, sonst - siehe Heumann. Ich hatte anfangs welche dabei, die probleme gemacht haben, die sind dann in der Kühltruhe gelandet. Die konsequente Selektion auf Muttereigenschaften, Problemlosigkeit und gute Milchleistung ist aus meiner sicht die Basis, um genügend Nachtschlaf zur Lammzeit zu haben, und mit gutem Gefühl zur Arbeit fahren zu können. Wer jetzt im vollerwerb zur Lammzeit jede Nacht mehrere Lammungen hat,und sowieso wach ist,und auf dem Beobachtungsposten sitzt,da mag es im Einzelfall sinnvoll sein,früh einzugreifen, aber ein generelles frühes Eingreifen halte ich auch hier für falsch.

Christoph
Benutzeravatar
Clan Alba
Beiträge: 162
Registriert: Do 29. Sep 2016, 09:16
Wohnort: Coppenbrügge

Re: Geburtshilfe bei der Normallammung?

Beitrag von Clan Alba »

Henry hat geschrieben:Gehst Du denn weg, wenn Du siehst, das eine lammt?
Mein Skudden lammen ab Mai auf der Weide. Ich gehe zweimal täglich gucken. Ich sehe, wenn sich eine Aue separiert, aber ich sehe NIE eine Geburt. I.d.R. hat eine Aue, die abseits der Herde stand, am nächsten Morgen dann gelammt.

Und noch zur Frage der (ausfallendenden) Selektion auf Leichtlammigkeit: ich habe dazu nichts geschrieben, weil ich den Zusammenhang für eindeutig und zwingend halte, aber das wurde ja inzwischen deutlich genug erklärt.

Und ich habe im Studium (Agrarwissenschaften/Tierhaltung) gelernt, dass die zu der Zeit (vor 40 Jahren) allgemein übliche Zughilfe bei Kälbergeburten fachlich falsch ist, da sie - wie hier weiter oben korrekt für Schafe beschrieben - zu höherem Verletzungs- und Infektionsrisiko und letzlich schlechteren Aufzuchtleistungen führt.
Benutzeravatar
Steffi
Förderer 2020
Förderer 2020
Beiträge: 1492
Registriert: Do 6. Okt 2016, 16:58
Wohnort: Untertaunus
Schafrasse(n): Walliser Schwarznasenschafe
Kontaktdaten:

Re: Geburtshilfe bei der Normallammung?

Beitrag von Steffi »

Meine Guteschafe haben mich nie zugucken lassen. Die ersten Schwarznasen auch nicht. Da standen morgens immer quietschfidele, saubere, trockene und satte Lämmer im Stall/auf der Weide. Mittlerweile war ich bei einigen Geburten dabei und muß sagen: Ich find´s nervenschonender für mich, wenn einfach ein Schaf mehr da ist :lol:

LG,
Steffi
Sheep happens
wollwiese
Förderer 2019
Förderer 2019
Beiträge: 340
Registriert: Do 29. Sep 2016, 21:11
Wohnort: Schleswig-Holstein
Schafrasse(n): Leineschafe ursprgl. Typ
Herdengröße: 12

Re: Geburtshilfe bei der Normallammung?

Beitrag von wollwiese »

Henry hat geschrieben: Mir geht es nicht um Zucht und Selektion mit meiner Frage, sondern um die konkrete Situation in der Lammzeit.
Das kannst du aber nicht trennen. Ich formuliere es mal uberspitzt:
Du selektierst nicht und verbringst die Nächte mit den Händen in Schafen im Stall, und bekommst von Jahr zu Jahr mehr zu tun.
Ich riskiere ggf einen gewissen Ausfall, sorge jedoch dafür dass das Risiko von Generation zu Generation geringer wird und kann nachts schlafen.
:schaf2: loot de schoop man schietn, wull woos liekers. :schaf3:
mara
Beiträge: 409
Registriert: Do 29. Sep 2016, 21:37

Re: Geburtshilfe bei der Normallammung?

Beitrag von mara »

Die Frage hat sich mir noch nie gestellt, denn ich hab noch keine Geburt bei den Kameruns oder Ouessants gesehen. Bisher immer Einzellämmer und die standen immer schon bei der Mutter, als ich sie entdeckte.
Von mir aus darfs gerne so bleiben :)
Benutzeravatar
peter e.
Förderer 2024
Förderer 2024
Beiträge: 708
Registriert: Do 29. Sep 2016, 22:52
Wohnort: Mittelhessen
Schafrasse(n): -ohne-
Herdengröße: 0

Re: Geburtshilfe bei der Normallammung?

Beitrag von peter e. »

Der Eingriff am oder im Schaf richtet sich ja nicht einfach nach einer kurzen Beurteilung sondern ist in eine Beurteilungs- und Handlungskaskade eingebettet. Vielfache Beurteilungskriterien sind abzuhandeln, um einen Eingriff zu rechtfertigen. Sehen - Beurteilen - Handeln. Und hier setzt der individuelle Unterschied der jeweiligen Person schon Grenzen: viele "sehen" nicht, was mit dem Schaf los ist. Kennen vor Ort nicht die Zusammenhänge (erstgebärend, Mutter war schon mit Geburtsproblemen behaftet o.ä.), Bocklinie etc. Das Verhalten eines Tieres zu beurteilen und DANN zielgerecht einzugreifen - das ist halt die große Kunst. Es gibt Tiere, die brauchen von den ersten echten Geburtsanzeichen fast zwei Tage um ein gesundes Lamm zu bringen, es kann aber genauso sein das ein Lamm in Hinterendlage den Geburtskanal versperrt und das zweite mit zurückgelegtem Kopf und abgewinkelten Beinen dahinter ist. Und wenn dann die Zervix nicht gescheit geöffnet ist - ......
Soll so ein Schaf nochmal eingesetzt werden, ist es eine einmalige Sache, lag es am Bock? Diese ganzen Beurteilungen müssen betriebsindividuell erfolgen. Bei einer kleinen Haltung, wo die Milch gebraucht wird für Käsezubereitung, wird so ein Schaf anders beurteilt als in einer größeren Lammproduktion.
Ich kann die Frage nach gezieltem oder frühzeitigem Eingriff nicht allgemein beantworten. Sinnvoller ist es, wenn diese Frage gar nicht gestellt werden muss.
peter e.

Auch dem Schwächsten ist ein Stachel gegeben -
sich zu wehren.

frei nach Schiller
Antworten