"Frühchen".Ab wieviel zu früh haben sie reale Chancen?

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Henry
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Re: "Frühchen".Ab wieviel zu früh haben sie reale Chancen?

Beitrag von Henry »

Babs hat geschrieben:
Henry hat geschrieben:Prolaps ante partum
Könntest du bitte erklären, was das bedeutet und was da genau geschieht?
Beim Prolaps - also Vorfall - ante partum - also vor der Lammung - führt die Enge im Bauchraum und die Konkurrenz von Pansen, Gebärmutter und Blase zu einem Druck, der versucht das innerste Ende der Scheide (Zervix, Punkt an dem die Gebärmutter in die Scheide mündet) durch die Scheide nach äußen zu drücken. Ganz praktisch fünktioniert das wie das Umstrüffeln einer Socke. Der Zehenteil (mit Löchlein) ist die Zervix, das Bündchen die Vulva. Der Zehenteil kann recht weit nach innen umgekrempelt werden, ehe man ihn am Bündchen sehen kann. Solang man also die Zervix (ringförmiger Muskel) nicht sehen kann, ist das die geringgradigste aber eben doch schon eine Prolapsausprägung. (sieht man Scheideninnenseite oder Zervix manchmal beim Husten oder Abliegen und verschwindet alles im Stehen wieder, ist das der nächste Schweregrad, der auch oft übersehen wird, wenn man higuckt, wenns Schaf steht)

Die Geburtsprobleme rühren nun daher, daß das Lamm von der Sockenzehe zum Bündchen durchs Löchlein gedrückt wird, denn es soll durch die Socke (Scheide) nach außen und nicht mit der Scheide. Wenn wir uns jetzt vorstellen, daß durch den Prolaps, das Sockenzehenteil aber schon irgendwo mitten in der umgekrempelten Socke steckt, wird klar, daß das schwierig wird. Die Socke liegt nicht nur doppelt, sondern neigt auch eher dazu sich noch weiter zu verkrempeln, als das Lamm durchzulassen.

Da die Zervix (der Sockenzeh) bei Prolaps auch nicht mehr da liegt, wo sie die Hormone und Nerven erwarten und die Blutversorgung durch die gedehnten Gefäße auch noch schlecht ist, ist zu erwarten, daß der Muskel zuhält wie sau, weil er nicht mitkriegt, daß die Geburt losgeht. (Ringwomb = häufigstes Auftreten nach Prolaps = absolute Kaiserschnittindikation)

Und dann findet diese Sockenkrempelei auch noch in einem Rohr (Becken) statt, in das die Socke mehr oder weniger fest eingeklebt ist. Daß es dort Eng wird, wenn die Socke doppelt liegt, leuchtet schon ein. Da aber an der Zervix die Gebärmutter dran ist, zieht es die nun auch noch mit in das Rohr, wo schon die doppelte Scheide liegt. Das kann nichts werden - das klemmt.

Dennoch ist es erstaunlich, daß ein Zusammenziehen der Gebärmutter, die sich dabei wohl im Becken abstützt, den ganzen Prolaps zurückziehen kann und es dann doch zu einer Lammung kommt, die oft von allen Beteiligten überlebt wird. (Das war der Satz für den Hoffnungsausblick :duck: )
Henry
der
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Re: "Frühchen".Ab wieviel zu früh haben sie reale Chancen?

Beitrag von Streuobstwiese »

Vielen Dank für die Erklärung und eure Antworten !
Hoffe nicht, dass es wirklich ein Prolaps ist. Werden sehr genau aufpassen und wenn sich irgendetwas verändert, kommt der Tierarzt.
Das sie eventuell erst 17 Tage nach dem ersten Kontakt aufgenommen haben könnte, fällt mangels anwesendem Bock aus. Er war insgesamt nur 2 Wochen in der Herde und gedeckt hat er erst am Ende der ersten Woche.
grauwoller
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Re: "Frühchen".Ab wieviel zu früh haben sie reale Chancen?

Beitrag von grauwoller »

ich bin ja völlig von den Socken, wie gut Henry das Szenario "Prolaps mit all seinen Vorankündigungen und Folgen" erklärt hat.
Wenn du noch Fotos liefern könntest, dann könnte man noch mehr zu einer klareren Diagnose beisteuern.

Etwas aufhorchen liess mich deine Berichte über das leichte einseitige Lahmgehen bei gleichzeitigem verfrühtem Aufeutern.
Prüfe doch mal ob beide Euterhälften gleichmäßig aufeutern, fasse beide Euterhälften vergleichend an, messe auch mal die Körpertemperatur.
Wenn eine Euterentzündung vorliegen würde, dann würde die Temperatur erhöht sein, die entzündete Seite wäre tendetiell heiss und gerötet. Auf der entzündeten Seite zieht das Schaf dann auch u. U. das Bein etwas nach.
Ich will dich jetzt nicht nervös machen, aber kläre es zur Sicherheit ab.

Christoph
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Re: "Frühchen".Ab wieviel zu früh haben sie reale Chancen?

Beitrag von Streuobstwiese »

Na ihr macht mir ja Mut ... :lol:
Sie schont ihr rechtes Vorderbein und nicht hinten. Denke da sollte kein Zusammenhang zum Euter bestehen der insgesamt gut gefüll/groß ist aber ohne sichtbare Seitendifferenz. Bei Oma ist eh alles groß. Auch ohne Trächtigkeit hat sie einen großen Euter. Laut Vorbesitzer reichte ihre Milchproduktion selbst ohne großes Zufüttern auch für die Drillinge (was auch immer man davon halten mag :gruebel: ). Sehr großes, bulliges Tier mit etwas Hängebauch (auch ohne tragend zu sein). Wacher Blick, gespitzte Öhrchen und immer auf der Suche nach Schmuseeinheiten. Die gibt "Köpfchen" wie ein Wellensittich nur um gekrabbelt zu werden was sie bei echtem Unwohlsein wohl eher nicht tun würde. Ich schaue mal, ob ich hier Fotos rein bekomme.
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Re: "Frühchen".Ab wieviel zu früh haben sie reale Chancen?

Beitrag von Streuobstwiese »

Ich bins, die Oma :-)

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Re: "Frühchen".Ab wieviel zu früh haben sie reale Chancen?

Beitrag von Streuobstwiese »

angehobener Schwanz:
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Re: "Frühchen".Ab wieviel zu früh haben sie reale Chancen?

Beitrag von Streuobstwiese »

Die Euterhälften sind gleich groß. Sieht nur auf dem Bild schief aus da sie nicht gerade stand. Bessere Bilder waren leider nicht machbar (Handycam im Stall...)
grauwoller
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Re: "Frühchen".Ab wieviel zu früh haben sie reale Chancen?

Beitrag von grauwoller »

Okay, dann wohl keine Euterentzündung , um so besser. Du hattest vomrechten Bein geschrieben, ohne Hinweis auf hinten oder vorne. es ist aber4 generell nicht verkehrt, den möglichen Zusammenhang von Euterentzündung und Lahmheiten im Hinterbein zu kennen, so wie es auch Lahmheiten nach schweren Geburten geben kann, die mit einem eingeklemmten Nerv mit entzündungsfolge, durch die physikalischen Einwirkungen auf die Wirbelsäule beim Austreiben eines überdimensionierten Lammes, ausgelöst werden.
Beide Fälle sind in meiner Herde schon passiert, die Sympthome haben mich anfangs in die falsche Richtung denken lassen,und das kann bei einer Euterentzündung die entscheidende Zeitverzögerung bedeuten, die das Tier für eine nochmalige Belegung unhbrauchbar machen.
Aber jetzt zu deinen Fotos: ich sehe keine Anzeichen von Euterentzündung, einen bevorstehender Scheidenvorfall kann ich so auch nicht erkennen, und kann ihn, unter der voraussetzung, dass sich die Scheide z.B. im Liegen nicht anders darstellt, auch ausschließen.
Ich sehe eine Scheide, die nach mehrmals gebraucht, aber gut erhalten aussieht . Das Tier macht auf mich auch nicht den Eindruck,als wenn die Geburt kurz bevorstünde, also weiter beobachten, Puls und Schnappatmung runterfahren, das sieht doch alles normal aus.

ich wünsche dir viel Glück bei dieser und allen anderen Lammungen, Christoph
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Re: "Frühchen".Ab wieviel zu früh haben sie reale Chancen?

Beitrag von Streuobstwiese »

Vielen Dank für deine Einschätzung. Sie beruhigt dann doch deutlich. Nach der sehr schlimmen Lammsaison vom letzten Jahr mit verwesenden Lämmern in später sterbender Aue, Früh- und Totgeburten ...und nur einem lebenden Lamm, sind unsere Nerven dieses Jahr wirklich arg angespannt. Unser Leitschaf ist ungedeckt (Zahnfehlstellung und Scheidenprolaps bei der verstorbenen Schwester). Sie leistet den Lämmern Gesellschaft. Drei tragende Auen von denen Erna erstmalig tragend ist. Whoopie hat letztes Jahr so früh gelammt, dass ein Zwilling nicht ans atmen kam. Alle Untersuchungen der Auen, des Bockes und toten Lämmer konnten den Wurm der letztes Jahr in der Lammzeit drin war nicht entlarven. Schwacher Trost, dass es rundum vielen Schäfer ähnlich oder genau so ging. Wäre wirklich schön, wenn es dieses Jahr keine Frühgeburten gäbe...
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Re: "Frühchen".Ab wieviel zu früh haben sie reale Chancen?

Beitrag von Streuobstwiese »

Puh, da habe ich mir Sorgen um die "Oma" gemacht und was passiert? Whoopie legt am Dienstag einfach so ein Bocklamm in den Stall. Der Bock kam am 15.9. in die Herde und brach vom Hänger erst mal aus und musste in die Weide komplimentiert werden. Der Viehzeichenstift kam also am 16.9 drauf...als sie offensichtlich schon gedeckt war. Trotzdem ne Frühgeburt da 5 Monate -10 Tage...aber ne fitte...die nur noch keine offene Milchbar vorfand. 12 Stunden haben wir mit Ersatz überbrückt...dann konnte er bei Mama saufen. 5,4kg Geburtgewicht ist super...bis heute ist er auf 6,7kg mehr geworden. Leider ging die Nachgeburt nicht vollständig ab und die Mutter ist arg platt bei steigender Temperatur (von 39.2 auf 39.7). Antibiotika sollen nun gegen das stinkende Anhängsel, dass aus ihrer Scheide hängt, helfen. Die heutige Tageszunahme war fast Null im und so bin ich froh, dass der Kurze am Dienstag schon mal aus der Flasche gesoffen hat...sie kennt. Beobachten...wiegen...Mutter füttern...und notfalls zufüttern falls die Zunahme weiter stagniert. Völlig glatt gehen scheint hier leider nicht vorzukommen aber Omas Chancen auf eine Geburt von normal entwickelten Lämmern steigt täglich ;-)
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