Ultraschalluntersuchung in der Zuchtwahl?

smallfarmer
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Re: Ultraschalluntersuchung in der Zuchtwahl?

Beitrag von smallfarmer »

Borolaa Sperma wurde vor ca. 20 Jahren in der Herde der Uni Gießen eingesetzt. Der Versuch wurde inzwischen wieder beendet, wegen mangeldem Absatz. So lange die deutschen Herdenschäfer noch 2,70 bis 3,00 Euro Lebend für die Lämmer bekommen, ist das denen doch egal wie fett die Lämmersind. Der türkische Metzger nimmt zum Opferfest alles was er kriegen kann. Die Bockauktion ist nach m.E. mehr so ein Treffen von Kollegen, wo Nachrichten und sonstiges ausgetauscht werden. Der Kauf des teuersten und schwersten Bockes zählt, fast so wie in Tirol wo hohe vierstellige Summenfür den hochbeinigsten Bergschafbock gezahlt werden.
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Henry
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Re: Ultraschalluntersuchung in der Zuchtwahl?

Beitrag von Henry »

Das scan-Ergebnis steht im Verhältnis zum scan-weight (und/oder zum scan-age) und dieses Verhältnis trifft eine eindeutige Aussage, ob ein Tier sich eher in Fett- oder in Muskelaufbau entwickelt. Die Absolutwerte sind schön anzusehen, das Verhältnis aber ist der spannende Faktor. (In Deutschland beziehen sich die Werte auf das Alter. Das ist den Briten schlecht nachgemacht. Der Bezug auf das Gewicht ist sinnvoller)

Man darf nicht alles in die scan-Werte hineininterprätieren, was man will und scan-Werte sind auch manipulierbar. Wie jedes Aufzuchtergebnis - in Grenzen - manipulierbar ist. Zum Vergleich gleichschwerer lebender Tiere ist das Scannen sehr gut geeignet und ermöglicht nicht nur den Vergleich in der selben Gruppe und im selben Haltungssystem. Es ermöglicht schlicht den Vergleich aller 44-kg-Lämmer ohne, daß die dazu erst am Haken hängen müssen und für die Zucht nur noch eingeschränkt nutzbar sind.

Wir scannen alle unsere Lämmer zum Wiegetag und erneut ein Jahr später. Das Fett/Muskel-Verhältnis im Jahresvergleich varriert sehr. Es strebt einem Wertepaar zu.
Henry
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Manfred
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Re: Ultraschalluntersuchung in der Zuchtwahl?

Beitrag von Manfred »

@smallfarmer:
Es ist eben nicht egal. Um ein Gramm Fett anzusetzen, benötigt das Tier viel mehr Energie als für ein Gramm Magerfleisch.
Bei gleichschweren, gleichalten Tieren mit gleichem Geburtsgewicht hast das Fettere das effektivere Verhältnis von Leistungs- zu Grundumsatz.
Jetzt ist die Frage, was ich mit diesem Wissen anfangen will.
Wenn ich Fett nicht besser bezahlt kriege, tendiere ich zur Produktion von Magerfleisch, weil das weniger Futter braucht.
Auf der anderen Seite eliminiere ich dann die vom Stoffwechsel her effektivsten Tiere und sollte evtl. überlegen, ob ich diese nicht falsch (zu intensiv) füttere und ob ich mit ihnen nicht mehr Fleisch zu niedrigeren Kosten produzieren könnte.

Im Rinderbereich gab es international ja einige Versuche dazu. Und die Ergebnisse zeigen deutlich auf, dass effektive Rinder (diese sind meist, aber nicht zwingend, kleinrahmiger und frühreifer) bei gleicher Futtergrundlage deutlich mehr Fleisch pro ha produzieren.
Und darauf sollten m.E. die Züchter von Fleischrindern und -Schafen viel mehr achten.
Was aktuell gemacht wird, sprich eine maximale Leistung des Einzeltieres in den Vordergrund zu stellen, ist so, als ob ein Getreidezüchter auf den maximalen Ertrag pro Pflanze selektieren würde, statt auf den Ertrag pro ha. Am Ende habe ich dann auf jedem Quadratmeter noch eine Pflanze stehen, die evtl. 0,5 kg Getreide erzeugt, aber auf dem ha habe ich dann nur noch 5 t statt vorher 10 t.
Manfred
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Re: Ultraschalluntersuchung in der Zuchtwahl?

Beitrag von Manfred »

Hier die Zahlen aus so einem Versuch in Australien:

http://www.casablanca.co.nz/dress_out.html

Für die Nicht-Englischsprecher:

In der Tabelle:
1. Spalte die Rinderrassen: Lowline, Simmental (=Fleckvieh), Wagyu, Beef Shorthorn, Hereford, Murray Grey, Angus
2. Spalte der Viehbesatz (Average of breeding Cows per 100 Acre = Durchschnittlicher Besatz an Mutterkühen je 40 Hektar)
3. Spalte: Durchschnittliches Schlachtgewicht der Absetzer im Alter von 15 Monaten, gewogen in englischen Pfund (1 lb = 0,454 kg)
4. Spalte: Englische Pfund Schlachtgewicht pro Arce (1 Arce = ca. 0,4 ha)
5. Spalte: Anteil des verkaufbaren Fleisches am Schlachtkörper in %
6. Spalte: Englische Pfund verkaufbares Fleisch pro Acre

Die kleinrahmigen, sehr stoffwechsel-effektiven Lowline-Rinder erzeugen also viel mehr Schlachtkörpermasse und verkaufbares Fleisch pro ha als die auf Einzeltierleistung getrimmten großen Rassen.

Unterschätze nie die kleinen Dicken.
smallfarmer
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Re: Ultraschalluntersuchung in der Zuchtwahl?

Beitrag von smallfarmer »

Manfred.
Was kostet den Herdenschäfer die Energie die er in seine Lämmer steckt. Auf der Weide , nichts. Er steht sowieso dabei. Ob er seine Lämmer mit 40 kg verkauft , macht bei 2,60 104 Euro, oder er macht sie 52 kg , macht dann 135 Euro. Kleiner Unterschied, oder. Und über die Qualität mancher
Lämmer von der Weide brauchen wir hier nicht zu schreiben. Hier in Deutschland ticken die "Schäferuhren" völlig anders als in Frankreich oder in
England. Sogar das kleine Holland ist uns Längen voraus.https://www.dagvanhetschaap.nl/editie_2018/programma
H.Plüss
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Re: Ultraschalluntersuchung in der Zuchtwahl?

Beitrag von H.Plüss »

Kann einem schafhalter züchter es egal sein ob er gute oder schlechte lämmer produziert ?
Die schweiz hat 35 % inlandproduktion, schaffleisch. Von den 35 % konsumieren 85 % balkanleute das schaffleisch, weil der schweizer konsument nicht bereit ist solche schlechte qualität zu kaufen und zu konsumieren! Das kann doch nicht das ziel sein von produzenten dass einem egal ist wie gut die qualität ist, wo ist da der stolz vom produzenten. Somit werden edelstücke importiert und die heimischen sprechen von schlechtem preis. Kein normaler unternehmen kann doch schlechte qoalität abliefern. Es wäre ja einfacher wir importieren 85% schlechte qualität und für unsere kundenwünsche qualität die im inland produziert wird. Aber auch wir haben in der schweiz kein system das die schafzüchter animieren kann zuchtprogramme an zu wenden wo genau das korigieren würde. Wir sin in der ganzen schweiz 4 texel züchter die im uk system basco dabei sind, alle andern haben kein solches system. Meine lämmer sind also im basco system mit tausenden texel lämmer von uk im system zum testen eingelinkt um zu sehen was machen die für einen fortschritt. Somit bin ich doch schon in einem konkurenztruck system gesetzt um überhaupt im mittelfeld mit zu mischen. Somit sehe ich doch bin ich konkurenz fähig in einer so grossen masse. Nehmen wir den schäfer die bundeshilfe weg, produzieren sie dann immer noch schlechte qualität ?
Heumann
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Re: Ultraschalluntersuchung in der Zuchtwahl?

Beitrag von Heumann »

deine "Qualität" ist aber auch ein sehr subjektier Begriff. Liefert die Wald-und-Wiesen-Kamerunschafherde nicht geschmacklich besseres Fleisch und somit die bessere Qualität als das Import-Texel?
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Steffi
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Re: Ultraschalluntersuchung in der Zuchtwahl?

Beitrag von Steffi »

"Langsam gewachsenes Fleisch aus Weideaufzucht" ist ja durchaus auch ein Werbeslogan... Nicht wenige sind sehr überrascht, dass sogar Bio-Lamm im Stall ausgemästet werden darf.

LG,
Steffi
Sheep happens
smallfarmer
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Re: Ultraschalluntersuchung in der Zuchtwahl?

Beitrag von smallfarmer »

In Schottland heißt es ,das das Fleisch langsam wachsender Tiere (Aberdeen Angus) das beste sei. Das übertrag ich auch auf die Schafe.
In der Direktvermarktung von Landschaflämmern bestimmt ein Alleinerkennungsmerkmal.
Leider ist das nur den wenigsten Fleischliebhabern bekannt
Nur dürfen die Direktvermarkter sich dann nicht beschweren, wenn der Handel seine benötigten Keulen/Kotlett im Ausland kauft.
Diese Mengen einheitlicher guter Ware sind wir gar nicht in der Lage bereitzustellen.
Manfred
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Re: Ultraschalluntersuchung in der Zuchtwahl?

Beitrag von Manfred »

Zofft euch doch nicht. Freut euch lieber, dass es Kunden mit unterschiedlichen Ansprüchen gibt.
Gegen die großen Produzenten dieser Welt werden wir auf absehbare Zeit wirtschaftlich nicht konkurrieren können.
Ich wünsche den Kollegen in der Schweiz, dass sie ihren Außenschutz noch lange behalten werden.
Und wir müssen halt in den Nischen brüten, die sich uns bieten.
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