... aus genetisch veränderten Sojabohnen...

Fröschchen
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... aus genetisch veränderten Sojabohnen...

Beitrag von Fröschchen »

Bin kein Grünling oder Birkenstöckler, sondern mittig mit gesundem Menschenverstand.
Mir fiel auf "Sojaetraktionsschrot, dampferhitzt, aus genetisch veränderten Sojabohnen".
Hype ist: bloß nicht genetisch verändert.
Frage (wirklich ganz neutral): Muß doch was dran sein, daß man's macht. (Schädlingsresistenzen, Vergammelzeitfenster oder was auch immer.)
Ich stecke echt nicht in dem Thema, aber was ist das BÖSE darin?

LG
Um ein tadelloses Mitglied einer Schafherde sein zu können, muß man vor allem ein Schaf sein. (Albert Einstein)
Wilhelm
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Re: ... aus genetisch veränderten Sojabohnen...

Beitrag von Wilhelm »

Hi Fröschchen,
die Angst vor Gentechnik rührt wohl daher, daß versucht wird Genmaterial verschiedener Arten zusammenzuführen. Also vieleicht eine Kreuzung aus Schaf und Quecke, nur mal so als mögliches Beispiel. Ist erstmal unheimlich. Obs sinnvoll ist steht auf einem anderen Blatt.
Gentechnik in Bezug auf Züchtung ist aber nur eine Form von Züchtungsmethoden. Hier wird versucht, ganz gezielt Erbinformationen in einen Organismus einzubauen. ZB eine Erbinformation die eine Weizenpflanze gegen Mehltau resistent oder tolerant macht. Oder die diese Pflanze veranlasst besonders viel Protein zu bilden. Oder die Wuchslänge beeinflußt.
Alle möglichen Eigenschaften werden bei Tier und Pflanze seit Jahrtausenden züchterisch beeinflußt, so sind auch unsere Schafrassen entstanden.
Dieser Prozess besteht auf der Selektion bestimmter Mutationen. Die entstethen immer wieder auf natürlichem Weg, sind aber nur zufällig. Und nur sehr wenige bieten einen wie auch immer gearteten Vorteil.
Um die Anzahl von Mutationen zu erhöhen bedient sich die Züchtung ebenfalls schon seit Jahrzehnetn verschiedener Methoden. Einsatz von Zellgiften wie zB einem Gift der Herbstzeitlosen, dem Colchicin oder radioaktiver Behandlung.Dann steigt mit der Zahl der Mutationen auch die Wahrscheinlichkeit erwünschte zu bekommen. Auf jeden Fall ist diese Art der Züchtung sehr zeitaufwändig.
Inzwischen ist man jedoch in der Lage die Erinformationen aller möglicher Lebewesen, einschließlich des Menschen, auf den Punkt zu entschlüsseln. Und wenn man weiß welches Gen für welche Reaktion verantwortlich ist und wo auf dem DNA Strang es sich befindet, kann man es herauschneiden und auf einer anderen DNA einfügen.
Als Beispiel: man weiß wo das Gen für Fruchtbarkeit bei den Romanovschafen sich befindet. Herausgeschnitten und auf der DNA einer Heidschnucke eingeführt, wird die dann fruchtbarer.
Oder Weizen. Eine ertragreiche Sorte ist sehr anfällig für Mehltau. Nehme ich ein Resistenzgen einer gesunden aber ertragsschwachen Sorte und baue es in der anderen Sorte ein, bekomme ich eine gesunde und ertragssatrke Sorte.
Mit herkömmlichen Zuchtmethoden wird das gleiche Ziel erreicht aber eben in wesentlicher längerer Zeit.
Auch Resistenzen gegen PS Mittel oder Schädlinge lassen sich herkömmlich erzüchten. Mit Gentechnik läßt sich das aber eben gezielt erreichen.
Gruß, Wilhelm
Manfred
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Re: ... aus genetisch veränderten Sojabohnen...

Beitrag von Manfred »

Die zwei gängigsten Varianten bei den landwirtschaftlichen GVO dürften Herbizid- und Fraßschädlingsresistenzen sein.

Mein Hauptproblem bei der ganzen Geschichte ist die Marktmacht der Rechteinhaber, die daraus resultiert.
Monsanto hat dieses Instrument genutzt, um reihenweise andere Saatgutfirmen aus dem Markt zu drängen oder aufzukaufen. In mehreren Marktbereichen haben sie inzwischen ein Quasi-Monopol.
Und das zahlen dann natürlich die Bauern.

Dazu kommen halt die üblichen Risiken wie die Ausbreitung dieser Arten als Unkräuter oder Neozoen (die teilweise eingebauten Terminator-Gene funktionieren ja nicht zu 100%, sondern nur ausreichen um einen Nachbau unwirtschaftlich zu machen), Auskreuzung der veränderten Gene auf verwandte Arten etc.

Mit dem landwirtschaftlichen Wissen, das wir heute haben, sehe ich keinen Bedarf für landwirtschaftlich genutzte GVO-Pflanzen und damit auch keinen Grund, die Nachteile und möglichen Risiken in Kauf zu nehmen.
Viel wichtiger wäre es, das vorhandene Wissen endlich in die Praxis zu bringen. Es gibt zwar viele gute Ansätze, aber die Entwicklung ist noch sehr langsam...

Womit ich kein Problem habe, sind GVO in geschlossenen Anlagen, wie sie z.B. für die Herstellung von Medikamenten und Lebensmittelzusatzstoffen eingesetzt werden.
Heumann
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Re: ... aus genetisch veränderten Sojabohnen...

Beitrag von Heumann »

oh ja, und Monsanto ist soooo groß und sooo mächtig geworden, dass sie jetzt selbst aufgekauft wurden.
Manfred
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Re: ... aus genetisch veränderten Sojabohnen...

Beitrag von Manfred »

Die sind nicht geschluckt wurden, die wollen sich zusammenschließen (Die Genehmigung steht m.W. noch aus.)
weil durch die Kombination mit Bayer Cropscience das Monopol noch umfassender wird.
Weltweit dürften die beiden inzwischen etwas 40% allen Saatguthandels in der Hand haben.
Regional nähern sie sich in einigen Sparten den 100%.
Dazu sollte man wissen, dass sie nicht nur GVO-Saatgut vertreiben. Auch viele konventionelle Saatgutfirmen gehören zu Monsanto,
auch in Europa. Besonders im Gemüsebereich ist Monsanto stark vertreten.

Hier mal ein paar Zahlen aus den USA, von 2008:
(Quelle: http://grist.org/article/dominant-traits/)

Marktanteil der GVO-Sorten am Gesamtmarkt:
Monsanto1.jpg
Monsanto1.jpg (106.92 KiB) 4827 mal betrachtet
Marktanteil von Monsanto bei den GVO-Sorten:
Monsanto2.jpg
Monsanto2.jpg (37.5 KiB) 4827 mal betrachtet

Einige Gemüsesaatgut-Firmen, die Monsanto ganz oder teilweise gehören:

(In Deutschland vertreiben z.B. Kiepenkerl und Bruno Nebelung Gemüse-Saatgut von Monsanto.)

(Quelle: http://12160.info/profiles/blogs/a-list ... l-monsanto)

Audubon Workshop
Breck’s Bulbs
Cook’s Garden
Dege Garden Center
Earl May Seed
E & R Seed Co
Ferry Morse
Flower of the Month Club
Gardens Alive
Germania Seed Co
Garden Trends
HPS
Jung Seed Genetics
Lindenberg Seeds
McClure and Zimmerman Quality Bulb Brokers
Mountain Valley Seed
Nichol’s
Osborne
Park Bulbs
Park’s Countryside Garden
R.H. Shumway
Roots and Rhizomes
Rupp
Seeds for the World
Seymour’s Selected Seeds
Snow
Spring Hill Nurseries
Stokes
T&T Seeds
Tomato Growers Supply
Totally Tomato
Vermont Bean Seed Co.
Wayside Gardens
Willhite Seed Co.
American Seeds
Asgrow
Campbell
DeKalb
De Ruiter
Diener Seeds
Fielder’s Choice
Fontanelle
Gold Country Seed
Hawkeye
Heartland
Heritage Seeds
Holdens
Hubner Seed
icorn
Kruger Seeds
Lewis Hybrids
Peotec
Poloni
Rea Hybrids
Seminis
Specialty
Stewart
Stone Seed
Trelay
Western Seeds
Heumann
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Re: ... aus genetisch veränderten Sojabohnen...

Beitrag von Heumann »

Manfred hat geschrieben:Die sind nicht geschluckt wurden, die wollen sich zusammenschließen (Die Genehmigung steht m.W. noch aus.)
wikipedia:
Am 6. September 2016 wurde ein neues Angebot von Bayer vorgelegt, bei dem der Preis pro Aktie von 122 auf 127,50 US-Dollar erhöht wurde. Monsanto akzeptierte das Angebot wenig später. Der Kaufpreis liegt bei 66 Milliarden US-Dollar (60 Milliarden Euro) und ist damit die bislang größte Übernahme durch einen deutschen Konzern im Ausland.
Friedrich der Große:
Wer bewirkt, daß dort, wo bisher ein Halm wuchs, nunmehr zwei Halme wachsen, der hat mehr für ein Volk geleistet als ein Feldherr, der eine Schlacht gewann.
Manfred
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Re: ... aus genetisch veränderten Sojabohnen...

Beitrag von Manfred »

Dass die beiden sich einige ist, ist klar. Aber die Sektkorken sind noch auf den Flaschen. Die Kartellbehörden haben bisher noch nicht zugestimmt.
z.B.:
http://www.wiwo.de/unternehmen/industri ... 29696.html


Zur Wirtschaftlichkeit:
http://farmdocdaily.illinois.edu/2017/0 ... inois.html

Die durchschnittliche Betriebsgröße der grain farms in dem Bericht beträgt gut 450 ha (1131 acre).
Das im Betrieb gebundene Kapital liegt im Schnitt bei 3,2 Mio Dollar.
Und so ein Betrieb macht dann 2017 stolze 60.000 Dollar (51.000 Euro) Gewinn vor Sozialversicherung und Steuern.
Das wären immerhin 1,8% Eigenkapitalverzinsung, wenn die Bauernfamilie dafür nicht das ganze Jahr gearbeitet, sondern entspannt auf dem Sofa gelegen hätte...
Wie hoch ist der Gewinn nach Abzug der Entlohnung von 2 bis 3 Familien AK?

Scheint ja richtig gut zu laufen, das GVO-farming, für Friedrichs Bauern.
Heumann
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Re: ... aus genetisch veränderten Sojabohnen...

Beitrag von Heumann »

habe ich irgendwo das Gegenteil behauptet?

ich habe nur richtig gestellt, das Monsanto nicht der weltbeherschende Agrarriese ist, sondern nur eine relativ kleine und jetzt (so gut wie) aufgekaufte Nummer.

Friedrich hat auch nicht gesagt, dass derjenige, der zwei Halme wachsen lässt, eine tolle Eigenkapitalverzinsung hat.
Manfred
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Re: ... aus genetisch veränderten Sojabohnen...

Beitrag von Manfred »

Den 2. Halm gibt es ja auch nicht.
Die GVO Sorten haben kaum Ertragsvorteile. Teilweise fallen sie sogar ab.
Und den anfänglichen Kostenvorteil holen sich dann die Verkäufer, sobald der Fisch am Haken hängt.
Den Mechanismus haben wir inzwischen ja in mehreren Ländern gesehen.
Zunächst gibt es das Zeug relativ günstig, so dass die, die darauf aufspringen, einen Vorteil am Markt haben.
Dem müssen dann alle andere folgen, wenn sie ihre Flächen nicht verlieren wollen.
Und sobald der Markt bereinigt ist, gehen die Kosten hoch.

Ich bin kein Hardcore-GVO-Gegner.
Aber aus ganzheitlicher Sicht sehe ich bei den bisher erhältlichen Sorten und den entstandenen Marktstrukturen eigentlich nur Nachteile. Es gibt allenfalls einen kurzfristigen wirtschaftlichen Vorteil für die Bauern, die zuerst auf den Zug aufspringen. Aber von diesen vermeintlichen Zukunftsbetrieben bleiben in der nächsten Generation dann auch wieder nur 10% übrig.

Da sind die Ansätze am anderen Ende der Baustelle deutlich erfolgversprechender. Es werden wieder Bauern in Lohn und Brot und zu vernünftiger Lebensqualität gebracht und das bei relativ hohen Erträgen und zum Wohle des Ökosystems.

No-till in Kombination mit Totalherbiziden war ausgehend von der vorher üblichen Bodenbearbeitung ein Schritt in die richtige Richtung. Aber da ist die Entwicklung ja nicht stehen geblieben. Wir verstehen heute immer besser, wie die Pflanzen und das Bodenleben zusammenspielen und wie man das Bodenleben optimal auf die jeweilige Kultur einstellt, wodurch ein Herbizideinsatz zunehmend unnötig wird. Und wir lernen, die Tiere wieder auf die Flächen zu bringen und mit Zwischenfrüchten und Gras statt mit Mais und Soja zu ernähren, so dass die Fruchtfolgen wieder weiter und die Schädlingsprobleme geringer werden.
Die Gründe Revolution ist durch. Wir wissen heute, dass sie nur möglich war, weil die Böden vorher so gründliche zerstört wurden und das Wissen um das Wechselspiel von Pflanzen und Bodenleben so gering war. Die grüne Revolution hat im Wesentlichen die Böden als Substrat genutzt, um aus Erdöl Agrarfrüchte zu machen. Heute lernen wir, die Böden zu sanieren und all die zweifelhaften Segnungen der grünen Revolution wieder auszuschleichen. International nennen inzwischen viele Leute diese Entwicklung brown revolution (Braune Revolution). Braun wegen der dunkler werdenden Farbe humusangereicherter Böden. Im deutschsprachigen Raum wird sich diese Bezeichnung wohl eher nicht durchsetzen...

Meine persönliche Einschätzung ist, dass GVO in der Landwirtschaft mittelfristig zusammen mit dem rest der grünen Revolution den Bach runter geht.
Ändern könnte sich das evtl. falls GVO-Sorten auf den Markt kommen, die echte Vorteile bieten. Salzresistenz, die Fähigkeit effektiver Photosynthese zu betreiben und ein besseres Zusammenspiel mit stickstofffixierenden Mikroben wären m.E. heiße Kandidaten.
Heumann
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Re: ... aus genetisch veränderten Sojabohnen...

Beitrag von Heumann »

Manfred hat geschrieben:No-till in Kombination mit Totalherbiziden war ausgehend von der vorher üblichen Bodenbearbeitung ein Schritt in die richtige Richtung. Aber da ist die Entwicklung ja nicht stehen geblieben. Wir verstehen heute immer besser, wie die Pflanzen und das Bodenleben zusammenspielen und wie man das Bodenleben optimal auf die jeweilige Kultur einstellt, wodurch ein Herbizideinsatz zunehmend unnötig wird. Und wir lernen, die Tiere wieder auf die Flächen zu bringen und mit Zwischenfrüchten und Gras statt mit Mais und Soja zu ernähren, so dass die Fruchtfolgen wieder weiter und die Schädlingsprobleme geringer werden.
Das sagen dir vielleicht deine englischsprachigen Youtube-Vieos aber Fakt ist, dass IN DEUTSCHLAND durch grüne Politik eben nicht mehr, sondern laufend WENIGER TIERE auf die Fläche kommen. Fakt ist, dass durch die Landwirtschaftspolitik unwahrscheinlich viel Grünland vernichtet wurde und das so, wie sie aktuell gestaltet ist, es nicht mehr Grünland wird.

Fakt ist, dass durch grüne Politik in Deutschland die Tierhaltung abnehmen wird und dafür in Holland, Polen, Tschechien und sonstwo ausgebaut wird.
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